Rz. 37

Unter dem EGBGB ergab sich die Möglichkeit, durch Erwerb von Immobilien in einer "pflichtteilslosen" Rechtsordnung, die für die Vererbung von Immobilien die Geltung der lex rei sitae vorsah (z.B. Thailand und einzelne US-Staaten), das heimatliche Erbrecht auszuschalten. Der BGH hatte gegen eine solche Maßnahme nicht einmal Bedenken in Richtung auf die Rechtsumgehung.[53]

 

Rz. 38

Diese Möglichkeiten sind unter der EuErbVO weitgehend reduziert. Der Rahmen, den Art. 30 EuErbVO hier zieht,[54] ist erheblich enger. Die kollisionsrechtliche Nachlassspaltung wird nun – anders als bislang unter Art. 3a Abs. 2 EGBGB aus deutscher Sicht – nicht mehr rechtlich anerkannt werden. Insoweit wäre allenfalls auf faktischer Ebene – also im Rahmen eines realen Entscheidungsdissenses – die Möglichkeit gegeben, das Vermögen dem bislang geltenden Erbrecht zu entziehen.

 

Rz. 39

Es bliebe dann noch die Möglichkeit, das Vermögen in trusts, Lebensversicherungen, einer joint tenancy oder in Personengesellschaften zu verpacken und auf diese Weise quasi am Nachlass vorbei durchzuschleusen. Für diese Fälle freilich bedarf es keines Rückgriffs auf die Figur der Rechtsumgehung. Aus Art. 23 EuErbVO ergibt sich ein weiter Umfang des Erbstatuts. Zwar wird die Zuordnung der Ansprüche aus einer Lebensversicherung, der Personengesellschaft, dem trust und joint tenancy etc. gem. Art. 1 Abs. 2 EuErbVO vom Anwendungsbereich der EuErbVO ausgenommen. Wenn Ausgleich, Anrechnung und Pflichtteile aber gem. Art. 23 Abs. 2 lit. h und i EuErbVO dem Erbstatut unterstellt werden, so entscheidet das Erbstatut auch darüber, inwieweit derartig übertragenes Vermögen für die Berechnung von Pflichtteilen etc. dem Nachlass zugerechnet wird. Hier sind dann also nicht mehr kollisionsrechtliche, sondern materiellrechtliche Lösungen gefragt. Lässt das ohne "unangemessene Manipulation" durch den Erblasser bestimmte materielle Erbrecht die Folgen dieser Konstruktion zu, bedarf es keiner Rechtsumgehung.

[53] BGH NJW 1990, 1993 zur Vererbung von Immobilien in Florida.
[54] Siehe § 2 Rdn 175 ff.

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