A. Einleitung

 

Rz. 1

Im Forderungseinzug ist das gerichtliche Mahnverfahren nach §§ 688 ff. ZPO ein wesentliches Instrument zur Titulierung der Forderung. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Schuldner auf vorgerichtliche Mahnungen überhaupt nicht reagiert hat, zwar reagiert hat, ohne jedoch Einwendungen zu erheben oder die Forderung letztlich auszugleichen, oder nur Einwendungen erhoben hat, von deren Substanzlosigkeit auszugehen ist und die nur zur Verfahrensverzögerung vorgebracht wurden.

 

Rz. 2

Für den Antragsteller wie den RA hat das gerichtliche Mahnverfahren entscheidende Vorteile:

Es ist schneller als das gerichtliche Erkenntnisverfahren;
es können Verfahren der elektronischen Übermittlung genutzt werden, so dass das Verfahren einfacher ist;
es ist kostengünstiger, weil lediglich eine 0,5- statt einer 3,0-Gerichtsgebühr anfällt und der RA regelmäßig nur eine 1,5-Gebühr statt einer 1,3 + 1,2 = 2,5-Gebühr erhält;
der RA muss den zu titulierenden Anspruch nur bezeichnen, nicht aber auch begründen.
 

Rz. 3

Die Gebühren des Rechtsanwaltes für seine Tätigkeit im gerichtlichen Mahnverfahren sind in Teil 3, Abschnitt 3, Unterabschnitt 2 VV RVG, nämlich in den Nrn. 3305–3308 VV RVG (Verfahrensgebühren) geregelt. Hinzu treten ggfs. die Terminsgebühr nach Vorbem. 3.3.2 i.V.m. Nr. 3104 VV RVG und der darauf bezogenen Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG. Daneben können die allgemeinen Gebühren, wie die Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV RVG, die Erhöhungs- oder Mehrvertretungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG sowie die Hebegebühr nach Nr. 1009 VV RVG, anfallen. Die allgemeinen Gebühren sind in § 3 Rdn 1 ff. bereits beschrieben. Auf die dortigen Ausführungen wird Bezug genommen.

B. Die Gebühren im gerichtlichen Mahnverfahren

I. Das Abrechnungsverhältnis

 

Rz. 4

Damit die Gebühren für das gerichtliche Mahnverfahren beim RA entstehen können, muss er zum Betreiben des Geschäftes beauftragt sein. Grundlage des Auftrages ist der ihm erteilte Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstleistungscharakter nach §§ 675, 611 BGB, der Anwalts- oder Mandatsvertrag. Aus diesem Vertragsverhältnis heraus ist der Mandant – ob Gläubiger (Antragsteller) oder Schuldner (Antragsgegner) – dem Rechtswalt zur Zahlung der Vergütung verpflichtet. Ist nichts anderes vereinbart, richtet sich die Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB nach der für RAe bestehenden "Taxe", nämlich dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Davon gehen die nachfolgenden Ausführungen aus.

Unerheblich für den Anfall der anwaltlichen Vergütung bleibt demgegenüber, wann das gerichtliche Mahnverfahren tatsächlich eingeleitet wird, d.h. der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gestellt wurde.

 

Rz. 5

 

Beispiel

Der RA erhält den unbedingten Auftrag zur Durchführung des gerichtlichen Mahnverfahrens, nachdem vorgerichtliche Bemühungen erfolglos geblieben sind. Trotzdem möchte der RA es noch mit "einer letzten Zahlungsaufforderung" vor Beantragung des gerichtlichen Mahnbescheides versuchen. Diese vermeintlich "letzte Zahlungsaufforderung" ist angesichts des erteilten Auftrages tatsächlich eine erste Zahlungsaufforderung im gerichtlichen Mahnverfahren – was der RA im Text zum Ausdruck bringen sollte – und löst damit bereits die anwaltliche Vergütung im Mahnverfahren aus.

II. Das Erstattungsverhältnis

 

Rz. 6

Anders als für die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten bedarf es im Mahnverfahren grundsätzlich keines Rückgriffs auf die materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen, um die Erstattungsfähigkeit der Kosten des gerichtlichen Mahnverfahrens sicherzustellen. Vielmehr handelt es sich um notwendige Kosten im Sinne der §§ 91 ff. ZPO, die nach Maßgabe der prozessrechtlichen Kostenerstattungsvorschriften von der unterliegenden Partei zu tragen sind. Dem Antragsteller kann in keiner Konstellation versagt werden, auf die Beantragung eines gerichtlichen Mahnbescheides zu verzichten. Das gilt auch dann, wenn der Antragsgegner einen Widerspruch bereits angekündigt hat, weil er sich durchaus noch abweichend besinnen oder beraten lassen kann.[1]

 

Rz. 7

 

Hinweis

Das schließt allerdings nicht aus, (auch) auf das materielle Recht zurückzugreifen. Die materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüche stehen in echter Anspruchskonkurrenz zu den prozessrechtlichen Kostenerstattungsansprüchen. In jedem Einzelfall sind die Voraussetzungen einer Kostenerstattungsnorm konkret zu prüfen. Das ist insbesondere dann von Relevanz, wenn die prozessualen Kostenerstattungsvorschriften Begrenzungen enthalten, die bei den materiellen Kostenerstattungsvorschriften fehlen. Entsprechend findet sich bei den Inkassodienstleistern eine Begrenzung des prozessualen Kostenerstattungsanspruches im gerichtlichen Mahnverfahren auf 25,00 EUR nach § 4 Abs. 4 RDGEG, die den materiell-rechtlichen Verzugsschadensersatzanspruch in Höhe der tatsächlich vereinbarten Vergütung bis zur Höhe der Rechtsanwaltskosten (§ 254 Abs. 2 BGB) unberührt lässt.[2]

 

Rz. 8

Während im gerichtlichen Erkenntnisverfahren lediglich eine Kostengrundentscheidung getroffen wird, auf die dann ein Kostenfestsetzungsverfahren mit der Bestimmung der zu erstattenden Kosten der Höhe nach folgt, werden di...

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