Rz. 28

Als allgemeiner Orientierungshorizont für die Grundpflichten des vermögensverwaltenden Testamentsvollstreckers können folgende Grundsätze formuliert werden:[8]

Wirtschaftlichkeit: Vermeiden von Schaden und Nutzen von realistischen Chancen wie ein Treuhänder[9]
Produktive Verwaltung: planvolle und Nutzen steigernde Geldanlage mit hinreichender Sachkenntnis
Gebot der Diversifikation und Grenzen der Spekulation: Vermeidung von Klumpenrisiken, Aufteilung des Vermögens auf die o.g. Anlagemedien und disziplinierte Anlagen in Totalrisikopapiere
Vermeidung von Interessenkonflikten.
 

Rz. 29

Umgesetzt auf die konkret zu treffenden Vermögensanlageentscheidungen ergeben sich folgende Verpflichtungen des Testamentsvollstreckers:[10]

Feststellung der Risikoakzeptanz (nach den Vorstellungen des Erblassers)
Ermittlung der Anlageziele (Vermögenserhaltung, Vermögensmehrung, Liquidität)
Ermittlung der Anlagestrategie
Überprüfung der vorgefundenen Anlageobjekte (Vermögensanalyse und ggf. Anpassung an die festgestellte Risikoneigung)
Auswahl neuer Anlageobjekte
ständige Überwachung der Vermögensentwicklung (Portfolioreview/Vermögenscontrolling).
 

Gestaltungshinweis

Zur Vermeidung von späteren Auseinandersetzungen mit den Erben über die Anlagerichtlinien empfiehlt es sich, dass der Erblasser bereits in seiner letztwilligen Verfügung Richtlinien für die Vermögensanlage niederlegt.[11]

 

Rz. 30

Muster 5.1: Anlagerichtlinien der Bank im Bistum Essen

 

Muster 5.1: Anlagerichtlinien der Bank im Bistum Essen

I. Anwendungsbereich

Diese Richtlinie gilt für die Vermögensverwaltung durch den Vorstand bzw. durch den vom Kuratorium benannten Vermögensverwalter.

II. Anlagegrundsätze

Das Vermögen ist bei Gewährleistung der gebotenen Zahlungsfähigkeit mit dem Ziel größtmöglicher Wertbeständigkeit (Kapitalerhalt) und Ertragskraft (Erzielung einer angemessenen Rendite, um den Stiftungszweck zu verwirklichen) anzulegen. Dabei sind die Auszahlungsverpflichtungen zu berücksichtigen.

III. Anlageformen

Unter Berücksichtigung der gebotenen Zahlungsfähigkeit (Liquidität) sind folgende Anlageformen zulässig bzw. geboten:

1. Bankeinlagen mit _________________________ % Einlagensicherung und festverzinsliche Wertpapiere (Renten) in einem Umfang von mindestens _________________________ % des Buchwertes des Vermögens
2. Aktien oder aktienähnliche Wertpapiere (z.B. Discount-, Bonus- oder Expresszertifikate) sowie Aktienfonds einschließlich Mischfonds mit überwiegendem Anteil an Anlagen, die nicht Renten- und Immobilienanlagen sind, in einem Umfang von bis zu _________________________ % des Buchwertes des Vermögens
3. Genossenschaftsanteile und Genussrechte; in einem Umfang von bis zu _________________________ % des Buchwertes des Vermögens
4. Wertpapier-Innovationen in einem Umfang von bis zu _________________________ % des Buchwertes des Vermögens; diese sind entsprechend ihrem tatsächlichen Charakter den Anlageformen Aktien (z.B. Aktienanleihen) oder Renten zuzuordnen.
5. Die Direktanlage in Immobilien ist grundsätzlich unzulässig. Zur Diversifizierung des Vermögens ist eine Anlage in Immobilien-Fonds (Publikums- und Spezialfonds) bis zu einem Umfang von _________________________ % des Buchwertes des Vermögens zulässig.
6. Der Handel mit Optionen und Futures ist nur in geringem Umfang (max. _________________________ %) bei gedeckten Geschäften und zur Absicherung zulässig.
7. Rohstoffwerte in Höhe von max. _________________________ %
8. Mikrofinanz: Mikrofinanzierungen in einem Umfang von bis zu _________________________ %.

IV. Nachhaltigkeit

Die Anlagegrundsätze genügen den fünf Kernprinzipien nachhaltigen Handelns. Das gemeinsame "Sozialwort der Kirchen" benennt sie: Gerechtigkeitsförderung, Sozial-, Friedens-, Umwelt- und Generationengerechtigkeit. Ausschlusskriterien stellen die wichtigste Hürde für Unternehmen, Institutionen und Länder dar. Beispielsweise werden Unternehmen, die Rüstungsgüter produzieren, im Atomenergiebereich tätig sind, Glücksspiele anbieten oder Alkoholika oder Tabakwaren produzieren sowie Staaten, die Menschenrechte systematisch verletzen, grundsätzlich ausgeschlossen.

V. Rating

Die Anlage soll grundsätzlich nur in Emissionen erfolgen, deren Emittent durch eine anerkannte Rating-Agentur auf mindestens "Investment Grade" (BBB) geratet wurde oder der Nachweis einer vergleichbaren Werthaltigkeit und Beständigkeit in anderer Form erbracht werden kann. Das Durchschnittsrating sollte bei mindestens A- liegen.

VI. Risikodiversifikation

Termin- und Spareinlagen dürfen bei Banken oder Sparkasse mit 100 % Einlagensicherung angelegt werden. Der Anteil eines einzelnen Emittenten ist bei Wertpapieren auf bis zu _________________________ % je Emittent beschränkt, bei Fonds auf _________________________ % je Sondervermögen.

Auf ausländische Währungen lautende Vermögensgegenstände sind auf einen Umfang von bis zu _________________________ % des Buchwertes des Vermögens begrenzt.

Die Anlage in Publikumsfonds und Spezialfonds, offenen Fonds,...

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