Rz. 91

Hat der Antragsgegner die Einspruchsfrist versäumt, kommt für ihn nur noch ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung ist erforderlich, wenn eine der in § 233 ZPO genannten Fristen versäumt wurde. Voraussetzung hierfür ist aber, dass der Antragsgegner die Frist unverschuldet nicht eingehalten hat.[72] Die Wiedereinsetzungsfrist beträgt ebenfalls zwei Wochen. Die Frist beginnt mit der Beseitigung des Hindernisses, § 234 ZPO.

Nach §§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO müssen alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Relevanz sein können, innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist vorgetragen werden, z.B. welche Sicherungen es in der Kanzlei gegen ein unbeabsichtigtes Löschen von Fristen gab.[73]

Bei offensichtlich unverschuldeter Fristversäumung kann das Gericht Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewähren, wenn die versäumte Prozesshandlung fristgerecht nachgeholt wird und die unverschuldete Fristversäumung offensichtlich ist oder plausibel glaubhaft gemacht wird.[74]

Die Voraussetzungen für einen Wiedereinsetzungsantrag sind also:

Es müssen Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich ergibt, dass die Fristversäumung unverschuldet war.
Ferner müssen Tatsachen dargelegt werden, aus denen folgt, dass der Wiedereinsetzungsantrag rechtzeitig gestellt wurde.
Alle Tatsachen sind glaubhaft zu machen, § 294 ZPO, also ggf. durch eine eidesstattliche Versicherung – auch des Antragsgegners – zu belegen. Urkunden sind ebenfalls zur Glaubhaftmachung geeignet.
 

Rz. 92

Hat der Antragsgegner die Frist verschuldet versäumt, ist eine weitere Verteidigung gegen den Vollstreckungsbescheid ausgeschlossen. Er kann den Einspruch dann nicht mehr nachholen.

 

Rz. 93

Für den Antragsteller ist zu prüfen, ob der Tatsachenvortrag des Antragsgegners im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bestritten werden kann und ob die Glaubhaftmachung alle behaupteten Tatsachen umfasst. Bei entsprechenden Anhaltspunkten ist zu beantragen, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen wird.

[72] Zur Rechtsprechung des BGH zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird auf die aktuelle Übersicht von Rohwetter, NJW 2020, 2010 ff. u. NJW 2019, 1990 ff., verwiesen.
[73] BGH, Beschl. v. 19.4.2011 – XI ZB 4/10, juris = NJW-RR 2011, 1284 ff.; BGH, Beschl. v. 21.12.2010 – IX ZB 115/10, juris Leitsatz.
[74] Nachweise bei: Geisler, Der Zivilprozess lebt – die neueste Rechtsprechung des BGH, AnwBl 2012, 854 ff.

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