Rz. 247

Voraussetzung für die Privilegierung nach § 2312 BGB ist die geschlossene Zuwendung eines lebensfähigen Landguts.[618] Eine Legaldefinition des Begriffs "Landgut" enthält das Gesetz nicht. Nach h.M. setzt ein Landgut entsprechend den Regelungen des § 585 Abs. 1 S. 2 BGB voraus, dass auf den in Rede stehenden Grundstücken Landwirtschaft im Sinne einer Bodenbewirtschaftung oder eine mit Bodennutzung verbundene Tierhaltung betrieben wird, um pflanzliche oder tierische Erzeugnisse zu gewinnen.[619] Außerdem muss es sich um eine zum selbstständigen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft einschließlich der Viehzucht bestimmte und geeignete Wirtschaftseinheit einschließlich der dazugehörigen Wirtschaftsgebäude handeln,[620] die von einer Stelle aus bewirtschaftet werden kann.[621] Von einem selbstständigen Landgut kann nicht die Rede sein, wenn die Grundstücke mit einem anderen landwirtschaftlichen Besitztum wirtschaftlich so verbunden sind, dass ihre eigenständige Bewirtschaftung nicht möglich ist oder wenn dokumentiert ist, dass eine solche nicht beabsichtigt wird.[622]

 

Rz. 248

Ob auch Wohngebäude vorhanden sein müssen, ist zunehmend umstritten. Nach zutreffender Ansicht muss es ausreichen, wenn eine Bewirtschaftung des Hofes von einer in näherem räumlichem Zusammenhang mit den zu bewirtschaftenden Flächen liegenden Wohnmöglichkeit aus für den Übernehmer möglich ist.[623] Als Landgut kommen auch Betriebe mit sog. Sonderkulturen in Betracht, beispielsweise Weinbau und Erwerbsobstbau.[624] Gleiches kann für einen Gärtnereibetrieb,[625] eine Vieh- und Geflügelzucht[626] sowie ein reines Forstgut[627] gelten.

 

Rz. 249

Eine (vorübergehende) Verpachtung des Betriebs vor der Übergabe führt grundsätzlich nicht zum Verlust der Landgut-Eigenschaft (Interimsverpachtung).[628] Dies gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine realisierbare Absicht des Übernehmers besteht, den Betrieb selbst wieder aufzunehmen und dauerhaft fortzuführen (vgl. unten Rdn 256 f.).

 

Rz. 250

Kein Landgut bilden aber einzelne Grundstücke oder auch eine Mehrheit von solchen, die nicht einer Hofstelle zugeordnet sind, von der aus sie einheitlich bewirtschaftet werden können. Die Art der Nutzung ist in diesem Fall irrelevant.[629] Auch eine Pferdepension ist nicht als Landgut anzusehen.[630]

[619] MüKo-BGB/Lange, § 2312 Rn 12.
[620] Damrau/Tanck/Riedel, § 2312 Rn 9.
[621] BGH v. 22.10.1986 – IVa ZR 76/85, BGHZ 98, 375, 377; BGH v. 15.12.1976 – IV ZR 27/76, AgrarR 1977, 173; BGH v. 12.1.1972 – IV ZR 124/70, MDR 1972, 496; BGH v. 11.3.1992 – IV ZR 62/91, NJW-RR 1992, 770; Weber, BWNotZ 1992, 14, 15; Becker, AgrarR 1975, 57, 62; Staudinger/Herzog, § 2312 Rn 18 m.w.N.
[622] BGH v. 5.12.1976 – IV ZR 27/76, AgrarR 1977, 173; MüKo-BGB/Lange, § 2312 Rn 12 m.w.N.
[623] Hausmann, Vererbung von Landgütern nach dem BGB, S. 92; Damrau/Tanck/Riedel, § 2312 Rn 9.
[624] Wöhrmann/Stöcker, § 2049 BGB Rn 15; Damrau/Tanck/Riedel, § 2312 Rn 9.
[625] BGH v. 15.12.1976 – IV ZR 27/75, FamRZ 1977, 195; BGH v. 27.4.1960 – V ZR 165/58, NJW 1960, 1246; OLG Oldenburg v. 17.12.1991 – 5 U 82/91, FamRZ 1992, 726.
[626] Wöhrmann/Stöcker, § 2049 BGB Rn 13. Es ist aber im Einzelfall darauf zu achten, dass sich die Tätigkeit nicht als eigenständiger Gewerbebetrieb darstellt; in diesem Fall ist § 2312 BGB nämlich nicht anwendbar. Zur Abgrenzung vgl. Kronthaler, Landgut, Ertragswert und Bewertung im bürgerlichen Recht, S. 130 ff.; BGH v. 8.12.1995 – BLw 34/95, NJW-RR 1996, 528.
[627] Soergel/Dieckmann, § 2312 Rn 1; MüKo-BGB/Lange, § 2312 Rn 14; a.A. Wöhrmann/Stöcker, § 2049 BGB Rn 13.
[628] Nieder/Kössinger, Testamentsgestaltung, § 2 Rn 74.
[629] Staudinger/Herzog, § 2312 Rn 20; Zechiel, "Ertragswertklausel" in der bayerischen Notariatspraxis, S. 40.
[630] OLG München v. 14.1.2003 – 23 U 1830/02, NJW-RR 2003, 1518; MüKo-BGB/Lange, § 2312 Rn 14; a.A.: J. Mayer, MittBayNot 2004, 334, 337.

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