Rz. 81

Der Architekt schuldet, bezogen auf den jeweiligen Vertragsgegenstand, eine sachgerechte Lösung.[143] Die Planung des Architekten ist daher regelmäßig mangelhaft, wenn sie gegen die anerkannten Regeln der Technik verstößt, nicht dauerhaft genehmigungsfähig ist oder mit einem Sach- oder Rechtsmangel behaftet ist.

 

Rz. 82

Die Planung des Architekten ist zunächst dann mangelhaft, wenn bestimmte im Vertrag definierte Wünsche und Anforderungen des Auftraggebers, Garantien für bestimmte Merkmale des Werkes oder eine Beschaffenheitsvereinbarung i.S.v. § 633 Abs. 2 S. 1 BGB nicht beachtet sind. In Fällen der Missachtung von vertraglich genau bestimmten Leistungsmerkmalen genügt es auch nicht, wenn die Werkleistung als solche den anerkannten Regeln der Technik entspricht, da diese nur Mindeststandards des vertragsgerechten Werkerfolges darstellen.[144]

 

Rz. 83

Nach ständiger Rechtsprechung ist der Architekt weiterhin verpflichtet, eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung herbeizuführen.[145] Dies bedeutet, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu beachten sind, wobei die Mangelhaftigkeit der Planung nicht deshalb entfällt, weil die Baugenehmigung zu Unrecht abgelehnt wird – der Architekt muss dann den Bauherrn hinsichtlich der Rechtsmittel beraten.[146] Auch eine später aufgehobene und ursprünglich zu Unrecht erteilte Baugenehmigung befreit den Architekten nicht von der Haftung.[147] Sofern vonseiten der Genehmigungsbehörde eine Tektur (= Bearbeitung des Bauantrages) gefordert wird, muss der Bauherr dem Architekten grundsätzlich die Möglichkeit einräumen, entsprechend tätig zu werden, dies ergibt sich aus dem Nachbesserungsrecht bzw. der Obliegenheit des Auftraggebers zur Entgegennahme der Nachbesserung des Architekten[148] (vgl. §§ 634 Nr. 1, 635 BGB). Liegt eine stufenweise Beauftragung vor, ist die dauerhafte Genehmigungsfähigkeit allerdings dann nicht Teil des geschuldeten Leistungserfolges, wenn der Architekt nur mit der Entwurfsplanung beauftragt war.[149]

 

Rz. 84

Ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik bedeutet ebenfalls, dass jedenfalls indiziell ein Mangel des Architektenwerkes vorliegt. Anerkannte Regeln der Technik liegen vor, wenn es sich um technische Regeln für den Entwurf und die Ausführung baulicher Anlagen handelt, die in der technischen Wissenschaft als theoretisch richtig anerkannt sind und feststehen sowie insbesondere im Kreis der für die Anwendung maßgeblichen, nach dem neuesten Erkenntnisstand vorgebildeten Techniker durchwegs bekannt und aufgrund fortdauernder praktischer Erfahrung als technisch geeignet, angemessen und notwendig anerkannt sind.[150] Als anerkannte Regeln der Bautechnik kommen grundsätzlich die DIN-Normen, VdI-Richtlinien, VdE-Vorschriften, Normen des deutschen Ausschusses für Stahlbeton, einheitliche technische Baubestimmungen (ETB), Europäische Normen oder öffentlich-rechtliche Regeln (TA Luft oder Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften) und Herstellerrichtlinien (soweit sie nicht den vorgenannten Regeln widersprechen) in Betracht. Jedoch stellt z.B. die DIN-Gerechtigkeit der Leistung nur eine Vermutung der Mangelfreiheit dar. Auch die Normen können bereits überholt sein, bzw. können auch Entwürfe bereits den Stand der Technik darstellen, wenn sie von der Wissenschaft anerkannt und in der Praxis ständig angewandt werden. Neue Werke müssen daher einer kritischen Überprüfung unterzogen werden. Der Stand der Technik kann gegenüber den anerkannten Regeln der Technik ein fortschrittlicherer Entwicklungsstand sein.[151] Nach gefestigter Rechtsprechung[152] ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung eines möglichen Mangels, wenn die Planung zum Zeitpunkt des Auftretens des Mangels innerhalb der Gewährleistungsfrist nicht mehr dem Stand der Technik entspricht. Auf die Abnahme oder Erbringung der Planungsleistung kommt es dagegen nicht an. Diese an sich geltende Rechtslage wird vertraglich jedoch zumeist dahingehend abgeändert, dass es für den Zeitpunkt der Konformität mit den anerkennten Regeln der Technik auf die Abnahme ankommt.

 

Rz. 85

Beispiele für Planungsfehler – die ggf. auch Aufklärungsfehler sind – sind etwa:

fehlende Überprüfung der vom Bauherrn überreichten Unterlagen,[153]
Ausschreibungs- und Vergabefehler,[154]
unzureichende, lückenhafte oder widersprüchliche Leistungsverzeichnisse,[155]
fehlerhafte Höheneintragung in (vertraglich nicht geschuldeter) Ergänzung einer bereits vorliegenden Entwurfsplanung,[156]
unterbliebene Prüfung der Abstandsflächen,[157]
Fehler in der Zeitplanung,[158]
nicht rechtzeitige Vorlage von Detailplanungen gegenüber den an der Bauausführung beteiligten Unternehmern,
fehlende Klärung der Boden- und Grundwasserverhältnisse vor Ausführung der Planungen[159] sowie Ausrichtung der Planung nach dem höchsten bekannten Grundwasserstand zzgl. eines Sicherheitszuschlags,[160]
fehlender Hinweis des Architekten auf die Möglichkeiten der Verwendung neuartiger Baustoffe, insbesondere, wenn sich diese ...

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