1. Materielles Recht

 

Rz. 27

Im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Vorerben hat der Nacherbe kein Aussonderungsrecht. Dieses entsteht erst mit dem Eintritt des Nacherbfalls.[26]

Jedoch begründet § 83 Abs. 2 InsO i.V.m. § 2115 BGB ein Verbot der Verwertung von Nachlassgegenständen.[27] Der Insolvenzverwalter darf die Eigengläubiger des Vorerben nicht aus dem Nachlass befriedigen oder vom Vorerben eingegangene Verpflichtungen zur Veräußerung bestimmter Nachlassgegenstände nicht erfüllen.[28] Zulässig sind aber Vollstreckungsmaßnahmen, die nur sichernden Charakter haben.

 

Rz. 28

Als Ausnahme von diesem Grundsatz sind Verfügungen insoweit zulässig, als sie der Befriedigung von Nachlassgläubigern dienen. Da diese Verfügungen nach § 2115 S. 2 BGB dem Nacherben gegenüber wirksam sind, dürfen sie auch vom Insolvenzverwalter vorgenommen werden.[29] Gleiches gilt für Verfügungen, denen der Vorerbe zugestimmt hat oder die zur ordnungsgemäßen Verwertung des Nachlasses erforderlich sind.[30]

Die Nutzungen und Früchte des Nachlasses stehen dem Vorerben zu und können deshalb zur Befriedigung der Gläubiger verwendet werden.[31]

[26] MüKo/Grunsky, § 2100 Rn 33; MüKo-InsO/Schumann, § 83 Rn 20; Ebenroth, Rn 578.
[27] MüKo-InsO/Schumann, § 83 Rn 20; Palandt/Weidlich, § 2115 Rn 2.
[28] Soergel/Harder/Wegmann, § 2115 Rn 8; MüKo/Grunsky, § 2100 Rn 32.
[29] MüKo-InsO/Schumann, § 83 Rn 22; Palandt/Weidlich, § 2115 Rn 5.
[30] MüKo-InsO/Schumann, § 83 Rn 22.
[31] MüKo-InsO/Schumann, § 83 Rn 22; NK-BGB/Gierl, § 2115 Rn 11.

2. Prozessrecht

 

Rz. 29

Gegen die Verwertung durch den Insolvenzverwalter kann sich der Nacherbe mit der Drittwiderspruchsklage nach §§ 773 S. 2, 771 ZPO wenden.

 

Rz. 30

Zur örtlichen Zuständigkeit und zur Antragsformulierung vgl. oben Rdn 25 f.

3. Aufrechnungsverbot

 

Rz. 31

Der Schutz des Nacherben durch das Verbot von Zwangsverfügungen wäre unvollkommen, wenn die persönlichen Gläubiger der Vorerben gegen Nachlassforderungen aufrechnen könnten. Harder/Wegmann[32] sprechen hier von einer "Form der außerprozessualen Zwangsbefriedigung": Die Aufrechnung sei mit der Überweisung im Rahmen der Zwangsvollstreckung vergleichbar, da sie eine Forderung des Nachlasses vernichte. Dem persönlichen Gläubiger des Vorerben wird deshalb insoweit in analoger Anwendung des § 394 BGB die Aufrechnung gegen Nachlassforderungen verwehrt.[33]

[32] Soergel/Harder/Wegmann, § 2115 Rn 3.
[33] RGZ 80, 30, 33; Soergel/Harder/Wegmann, § 2115 Rn 3; MüKo/Grunsky, § 2115 Rn 9; NK-BGB/Gierl, § 2115 Rn 5; Damrau/Tanck/Bothe, § 2115 Rn 3; Palandt/Weidlich, § 2115 Rn 1; Ebenroth, Rn 579.

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