Rz. 68

Auch ein Rechtsschutzversicherer ist Dritter i.S.d. § 15a Abs. 3 RVG. Auch er kann sich auf eine Anrechnung der Geschäftsgebühr nur dann berufen, wenn er die Geschäftsgebühr gezahlt hat.

 

Beispiel 40: Anrechnung gegenüber Rechtsschutzversicherer (I)

Der rechtsschutzversicherte Mandant beauftragt den Anwalt außergerichtlich wegen einer Forderung in Höhe von 8.000,00 EUR. Hiernach kommt es zum Rechtsstreit über diesen Betrag. Für den Rechtsstreit erteilt der Rechtsschutzversicherer Deckungsschutz; für die außergerichtliche Vertretung lehnt er den Deckungsschutz bedingungsgemäß ab.

Rechnet der Anwalt die volle Geschäftsgebühr mit dem Mandanten ab, dann kann er vom Rechtsschutzversicherer lediglich noch den Restbetrag einfordern. Es ergäbe sich also folgende Abrechnung:

 
I. Abrechnung mit dem Mandanten    
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   753,00 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 773,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   146,87 EUR
Gesamt   919,87 EUR
II. Abrechnung mit dem Rechtsschutzversicherer
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   652,60 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,   – 376,50 EUR
  0,75 aus 8.000,00 EUR    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   602,40 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 898,50 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   170,72 EUR
Gesamt   1.069,22 EUR
III. Gesamt I. + II.   1.989,09 EUR

Dagegen kann der Anwalt aber auch zunächst einmal vom Rechtsschutzversicherer die volle Verfahrensgebühr verlangen. Der vom Mandanten zu zahlende Eigenanteil verringert sich dann um den Anrechnungsbetrag.

 
I. Abrechnung mit dem Rechtsschutzversicherer
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   652,60 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   602,40 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.275,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   242,25 EUR
Gesamt   1.517,25 EUR
II. Abrechnung mit dem Mandanten    
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   753,00 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,   – 376,50 EUR
  0,75 aus 8.000,00 EUR    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 396,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   75,34 EUR
Gesamt   471,84 EUR
III. Gesamt I. + II.   1.989,09 EUR

Auf den Gesamtbetrag der Vergütung hat es keinen Einfluss, wo angerechnet wird. Das Ergebnis ist immer dasselbe. Die zweite Variante ist für den Mandanten allerdings die günstigere, weil seine eigene Zahlungspflicht dann geringer ausfällt.

Der Versicherer kann sich in diesem Fall nicht auf die Anrechnung der Geschäftsgebühr berufen, da auch für ihn § 15a Abs. 3 RVG gilt. Auch er ist Dritter i.S.d. Vorschrift.

 

Rz. 69

Dies kann sich auch auf die Kostenerstattung auswirken, nämlich wenn der Mandant einerseits zur Zahlung der Geschäftsgebühr verurteilt wurde und er andererseits die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Von Kosten, die der Versicherungsnehmer aus materiellem Recht schuldet (vorgerichtliche Geschäftsgebühr des Gegners etwa aus Verzug, Delikt o.Ä.), muss der Rechtsschutzversicherer diesen nicht freistellen.[25] Lediglich von prozessualen Kostenerstattungsansprüchen muss der Rechtsschutzversicherer den Versicherungsnehmer befreien. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass sich materiell-rechtlicher Kostenersatzanspruch und prozessualer Kostenerstattungsanspruch teilweise decken. Im Bereich dieser Deckungsgleichheit bleibt der Versicherer zur Leistung bzw. Freistellung verpflichtet.[26]

 

Beispiel 41: Anrechnung gegenüber Rechtsschutzversicherer (II)

Der rechtsschutzversicherte Beklagte wird verurteilt, 8.000,00 EUR zu zahlen sowie eine daraus angefallene 1,5-Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV), also:

 
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   753,00 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 773,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   146,87 EUR
Gesamt   919,87 EUR

Festgesetzt wird anschließend die um die Anrechnung verminderte Verfahrensgebühr:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   652,60 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,   – 376,50 EUR
  0,75 aus 8.000,00 EUR    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   602,40 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 898,50 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   170,72 EUR
Gesamt   1.069,22 EUR

Der Rechtsschutzversicherer muss die im Urteil zugesprochene Geschäftsgebühr nicht zahlen, da es sich um einen materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruch handelt und er insoweit bedingungsgemäß keine Freistellung schuldet.[27]

Der Rechtsschutzversicherer muss aber von der Verfahrensgebühr freistellen, und zwar in voller Höhe und nicht nur in der festgesetzten Höhe. Die Titulierung der Geschäftsgebühr gegen den Versicherungsnehmer entlastet ihn nicht.[28] Er...

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