Rz. 26

Wird der Anspruch auf die anzurechnende Gebühr nur teilweise erfüllt, ist auch nur teilweise anzurechnen.

 

Beispiel 15: Anrechnung bei Teilzahlung

Der Kläger hatte zunächst ein Mahnverfahren wegen einer Forderung in Höhe von 8.000,00 EUR eingeleitet. Der Beklagte hatte daraufhin 5.000,00 EUR sowie eine 1,0-Gebühr aus 5.000,00 EUR nebst Auslagen und Umsatzsteuer gezahlt. Im Übrigen hat er Widerspruch eingelegt. Im streitigen Verfahren wird er zur Zahlung der weiteren 3.000,00 EUR verurteilt. Ihm werden die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Der Kläger muss sich jetzt nach Anm. zu Nr. 3305 VV die Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens anrechnen lassen, soweit sie gezahlt worden ist. Er kann daher noch folgende Vergütung zur Festsetzung anmelden:

 
I. Mahnverfahren    
1. 1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3305 VV   502,00 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. abzgl. gezahlter 1,0 aus 5.000,00 EUR   – 334,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 188,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   35,72 EUR
Gesamt   223,72 EUR
II. Streitiges Verfahren    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   288,60 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
2. gem. Anm. zu Nr. 3305 VV anzurechnen,   – 222,00 EUR
  1,0 aus 3.000,00 EUR    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   266,40 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 353,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   67,07 EUR
Gesamt   420,07 EUR
 

Rz. 27

Problematischer sind Teilzahlungen auf eine vorgerichtliche Geschäftsgebühr. Hier ist auf die Tilgungsbestimmung abzustellen. Danach ist zu differenzieren:

Wird ausdrücklich auf den nicht anzurechnenden Teil der Geschäftsgebühr gezahlt, so kommt eine Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht in Betracht.
Wird ein Teil der gesamten Geschäftsgebühr gezahlt, dann ist – vorbehaltlich weiterer Anrechnungsvarianten[10] – dieser Betrag hälftig bis zur Grenze einer 0,75-Geschäftsgebühr bzw. zur Grenze von 207,00 EUR anzurechnen (Vorbem. 3 Abs. 4 VV).
 

Beispiel 16: Zahlung auf den anrechnungsfreien Teil der Geschäftsgebühr

Der Kläger hatte vorgerichtlich seine Forderung in Höhe von 8.000,00 EUR anwaltlich anmahnen lassen und den Schuldner zur Zahlung einer 1,3-Geschäftsgebühr aus diesem Wert aufgefordert. Der Schuldner zahlt nicht, sodass Klage auf Zahlung der 8.000,00 EUR erhoben wird. Der Beklagte zahlt daraufhin 8.000,00 EUR sowie den nicht anzurechnenden Teil der Geschäftsgebühr (0,65) nebst Auslagen und Umsatzsteuer. Daraufhin wird der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Der Kläger kann jetzt die volle 1,3-Verfahrensgebühr anrechnungsfrei zur Festsetzung anmelden.

 

Rz. 28

 

Beispiel 17: Zahlung auf den anrechnungsfreien Teil der Geschäftsgebühr

Der Kläger hatte vorgerichtlich seine Forderung in Höhe von 8.000,00 EUR anwaltlich anmahnen lassen und den Schuldner zur Zahlung einer 1,3-Geschäftsgebühr aus diesem Wert aufgefordert. Der Schuldner zahlt nicht, sodass Klage auf Zahlung der 8.000,00 EUR erhoben wird. Der Beklagte zahlt daraufhin 8.000,00 EUR sowie eine nach seiner Auffassung angemessene 1,0-Gebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer. Daraufhin wird der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Der Kläger muss sich jetzt auf die 1,3-Verfahrensgebühr 0,5 der Geschäftsgebühr anrechnen lassen.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   652,60 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,   – 251,00 EUR
  0,5 aus 8.000,00 EUR    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 421,60 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   80,10 EUR
Gesamt   501,70 EUR
 

Rz. 29

Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, dass außergerichtlich ein Teil der Hauptforderung nebst der vollen darauf entfallenden Geschäftsgebühr gezahlt wird. In diesem Fall ist mangels Gegenstandsidentität nichts anzurechnen.[11]

 

Rz. 30

 

Beispiel 18: Zahlung auf Geschäftsgebühr aus erledigtem Gegenstand

Die Klägerin hatte vorgerichtlich Schadensersatzansprüche in Höhe von 742.812,00 EUR geltend gemacht. Die Beklagte hat daraufhin einen Betrag in Höhe von 251.886,00 EUR gezahlt und daraus eine 2,5-Geschäftsgebühr ersetzt. Wegen der restlichen 490.926,00 EUR wurde Klage erhoben.

Eine Anrechnung kommt jetzt nicht in Betracht, da die gezahlten 251.886,00 EUR nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden sind. Die Verfahrensgebühr ist ungekürzt aus 490.926,00 EUR festzusetzen.

[10] Zu Kombinationen siehe Rdn 67 ff.
[11] LG Würzburg AGS 2022, 421 = NJW-Spezial 2022, 349.

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