Rz. 24

Die Erteilung der EU-Fahrerlaubnis stellt eine Zäsur dar. Umstände, die nach diesem Zeitpunkt eingetreten sind, können zum Anlass für führerscheinrechtliche Maßnahmen im Inland genommen werden.[20]

 

Rz. 25

Das können Umstände sein, welche die Fahreignung in Frage stellen, wie beispielsweise in Deutschland der einmalige Konsum "harter Drogen" (Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV). Es können aber auch Umstände sein, welche die Fahreignung lediglich in Zweifel ziehen, wie die wiederholte Alkoholauffälligkeit (§ 13 Nr. 2 Buchst. b FeV). Kein einschlägiger Maßstab ist insoweit der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von EU-Führerscheinen. Die mit ihm regelmäßig verbundene Bindungs- oder Sperrwirkung beschränkt sich nämlich auf solche Umstände, die vor der Erteilung eingetreten sind, mit anderen Worten auf diejenigen Umstände, welche den Gegenstand der anzuerkennenden Entscheidung des Ausstellerstaats gebildet haben.

 

Rz. 26

 

Beispiel: Die Cannabiskonsumentin aus Österreich ("Aykul")

Die Österreicherin A hat ihren Wohnsitz in ihrem Heimatland im Grenzgebiet zu Deutschland. Sie konsumiert Cannabis. Als Führerin eines Kraftfahrzeuges gerät sie eines Tages in eine deutsche Verkehrskontrolle. Die von ihr entnommene Urinprobe ergibt eine in Deutschland fahreignungsrelevante Cannabis-Konzentration.

Darf die deutsche Fahrerlaubnisbehörde, die nicht die Behörde des ordentlichen Wohnsitzes ist, die Fahrberechtigung für Deutschland entziehen?

Der EuGH hat dies mit bestimmten Maßgaben bejaht.[21] Bei der Fahrt unter Cannabiseinfluss handele es sich um Umstände, die nach der Erteilung der EU-Fahrerlaubnis entstanden seien. Auf den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der EU-Fahrerlaubnis komme es nicht an.

Die Kompetenz der nationalen Straßenverkehrsbehörde, führerscheinrechtliche Maßnahmen zu ergreifen, hat der EuGH nicht etwa nach dem Wohnsitzprinzip, sondern nach dem Territorialitätsprinzip beurteilt.

[20] EuGH, Urt. v. 6.4.2006 – C-227/05, Rechtssache "Halbritter", Rn 38 ff. www.curia.europa.eu.
[21] EuGH, Urt. v. 23.4.2015 – C 260/13, Rechtssache "Aykul", www.curia.europa.eu.

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