Rz. 20

Der Grundstücksbesitzer kann mit einem Abschleppunternehmer einen Rahmenvertrag abschließen, wonach diesem die Feststellung der Besitzstörung und der Abschleppvorgang übertragen werden. Die umfassend mit der Beseitigung der Besitzstörung erfolgte Beauftragung ist grundsätzlich nicht zu beanstanden.[60] Hat ein Grundstücksbesitzer ein Unternehmen umfassend mit der Beseitigung der Besitzstörung gegen Zahlung einer vertraglich festgelegten Pauschalvergütung beauftragt, stellt das Eingehen einer solchen Verbindlichkeit nach der ständigen Rechtsprechung des BGH nur insoweit eine ersatzfähige Aufwendung dar, als die am Ort der Besitzstörung üblichen Kosten für das Abschleppen fremder Fahrzeuge und die Kosten für vorbereitende Maßnahmen nicht überschritten werden.[61] Wird zwischen einem Grundstücksbesitzer und einer Parkraumüberwachungsfirma in einem Rahmenvertrag für das Abschleppen eines unberechtigt abgestellten Fahrzeugs die Zahlung eines Pauschalbetrags festgelegt, dann ist auch zu prüfen, ob der Grundstücksbesitzer bei der Pauschalvereinbarung bzgl. der Firmenauswahl und des Pauschalbetrages das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachtet hat.[62] Hat der Grundstücksbesitzer den Schadensersatzanspruch wirksam an den Unternehmer abgetreten, so ist diese im Rahmenvertrag geregelte Abtretung der Ansprüche des Geschädigten nicht wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz nichtig. Der Unternehmer erbringt gegenüber dem Grundstücksbesitzer Abschleppdienste, nicht aber eine Inkassodienstleistung[63] i.S.d. § 2 Abs. 2 RDG. Die Einziehung der von dem Kunden an Erfüllungs statt abgetretenen Schadensersatzansprüche erfolgt auf Risiko und Rechnung des Unternehmers. Mit der Geltendmachung der abgetretenen Forderung besorgt er daher kein fremdes Geschäft.[64]

 

Rz. 21

Wird vom Abschleppunternehmer, an den die Ansprüche vom privaten Parkplatzbesitzer abgetreten worden sind, die Herausgabe des Fahrzeugs verweigert bzw. der Standort des Kfz an den dieses verbracht wurde, verschwiegen, so ist dies durch § 986 Abs. 1 S. 1 BGB bzw. § 273 BGB gedeckt.[65] Die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts[66] verstößt hier nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Vielmehr kann ein Zurückbehaltungsrecht auch dann gegeben sein, wenn der Wert der Forderung, derentwegen die Herausgabe eines Gegenstandes verweigert wird, erheblich geringer ist als der Wert der herausverlangten Sache. Das Recht auf Zurückbehaltung würde seinen vom Gesetzgeber verfolgten Zweck verlieren, auf den Schuldner Druck auszuüben, wenn es nur dann ausgeübt werden könnte, wenn das Wertverhältnis in etwa ausgeglichen ist.[67] Erforderlich ist vielmehr stets eine Abwägung der konkreten Umstände des Einzelfalls.[68]

 

Rz. 22

Da dem Eigentümer des abgeschleppten Fahrzeugs das Fahrzeug grundsätzlich nur nach Zahlung der Abschleppkosten an den Abschleppunternehmer wieder herausgegeben wird (Zurückbehaltungsrecht), wird er – um das Fahrzeug zunächst einmal zu erhalten – die möglicherweise auch überhöhten Kosten zahlen.[69] Der Anspruch auf Rückzahlung überhöhter Abschleppkosten richtet sich nach BGH auch dann gegen den gestörten Grundstückseigentümer, wenn dieser seinen Schadensersatzanspruch gegen den Störer an das Abschleppunternehmen abgetreten hat.[70] Anders ist es aber dann, wenn der Eigentümer des abgeschleppten Fahrzeugs vom Abschleppunternehmer die Zustimmung zur Auszahlung zuvor bei ihm hinterlegten Geldes verlangt. Beteiligte des Hinterlegungsverfahrens sind nur er als Hinterleger und die als die mögliche Empfangsberechtigte bezeichnete Person. Nur in diesem Verhältnis vollzieht sich der Bereicherungsausgleich nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB.[71]

[61] BGH, Urt. v. 11.3.2016 – V ZR 102/15, DAR 2016, 387 Rn 14 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 4.7.2014 – V ZR 229/13, NJW 2014, 3727 Rn 16, 23 und 41; BGH, Urt. v. 2.12.2011 – V ZR 30/11, NJW 2012, 528 Rn 11, jeweils zu der Frage der Ersatzfähigkeit der Aufwendungen im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs des Grundstücksbesitzers. Auf dieser Grundlage ist der unter Berücksichtigung der Ortsüblichkeit als angemessen angesehene Betrag von 130 EUR (110 EUR reine Abschleppkosten zuzüglich 20 EUR Vorbereitungskosten) nicht zu beanstanden.
[64] BGH, Urt. v. 2.12.2011 – V ZR 30/11, zfs 2012, 313 m. Anm. Diehl.
[66] Zur Konnexität beim Abschleppen von einem Supermarktparkplatz: Anspruch auf Herausgabe des abgeschleppten Fahrzeugs (§§ 858, 859, 985 BGB) und (abgetretenem) Anspruch auf Erstattung der Abschleppkosten: LG Berlin DAR 2010, 645 m. Anm. Lorenz; vgl. i.Ü. BGH, Urt. v. 4.7.2014 – V ZR 229/13, Rn 12, DAR 2014, 584.

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