Rz. 265

Ungültig ist eine Briefwahlstimme, wenn

der größere Freiumschlag geöffnet vorgefunden wird (selbst dann, wenn er versehentlich durch die Poststelle geöffnet worden ist),
die Versicherung der persönlichen Stimmabgabe nicht neben dem kleinen Wahlumschlag im Freiumschlag vorgefunden worden ist,
die Versicherung über die persönliche Stimmabgabe fehlt,
die Versicherung über die persönliche Stimmabgabe nicht mit der Unterschrift des Briefwählers versehen ist,
der Stimmzettel nicht so gefaltet ist, dass die Stimmabgabe nicht erkennbar ist,
der Stimmzettel sichtbare weitere Kennzeichnungen enthält.
 

Rz. 266

Keine Ungültigkeit wird (nunmehr) bei Kennzeichnungen des Wahlumschlags anzunehmen sein. In die Urne wird nur der gefaltete Stimmzettel geworfen, aus den Kennzeichnungen des Wahlumschlags, der zu den Wahlakten genommen wird, lässt sich kein Rückschluss auf die Stimme mehr ableiten. Dasselbe gilt, wenn der Wahlumschlag mit Tesafilm zugeklebt ist.

 

Rz. 267

Besteht irgendeine Abweichung vom Normalfall, muss der gesamte Wahlvorstand eine entsprechende Feststellung zu Protokoll geben und einen offiziellen Beschluss über die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Stimme fassen. Dieser Beschluss ist, auch wenn der Stimmzettel in die Urne eingeworfen wird, ebenso wie die restlichen Unterlagen und ggf. der ungeöffnete Wahlumschlag gesondert zu den Wahlakten zu nehmen.

 

Rz. 268

 

Hinweis

Nach § 26 Abs. 1 S. 3 WO in der seit 2021 geltenden Fassung legt der Wahlvorstand den Wahlumschlag mit den Stimmzetteln in die Wahlurne ein, wenn sich im Wahlumschlag mehrere gekennzeichnete Stimmzettel befinden. Der Gesetzgeber lässt sich allerdings nicht darüber aus, wie dies praktisch geschehen soll. Der Wahlvorstand kann bei der Herausnahme der gefalteten Stimmzettel nicht erkennen, ob es sich überhaupt um Stimmzettel handelt und ob diese gekennzeichnet sind – er darf sie ja nicht entfalten. Wenn er die gefalteten Blätter dennoch als Stimmzettel erkennt, werden die Wahlumschläge erst bei Zählung der Stimmen mit den anderen Stimmzetteln geöffnet. Enthalten entsprechende Umschläge mehrere Stimmzettel, die vollständig übereinstimmen, wird nur einer einfach gezählt, stimmen sie nicht vollzählig überein, ist die Stimme als ungültig zu werden (§ 14 Abs. 2 WO). Dies gilt allerdings nur für mehrere "gekennzeichnete" Stimmzettel. Ist ein Stimmzettel ausgefüllt und liegt ein anderer unausgefüllt bei, wird man den ausgefüllten zählen können. Die Vorschrift ist insgesamt missglückt; da davon auszugehen ist, dass nur wenige Wähler Wahlumschläge mit mehreren Stimmzetteln einreichen, bestehen zudem erhebliche Bedenken in Bezug auf das Wahlgeheimnis.

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