Rz. 453

Gesetzlich sind dem Betriebsratsvorsitzenden folgende Befugnisse und Aufgaben übertragen:

Der Betriebsratsvorsitzende ist zur Entgegennahme von Erklärungen gem. § 26 Abs. 2 S. 2 BetrVG, die dem Betriebsrat ggü. abzugeben sind, berechtigt und verpflichtet. Will sich der Arbeitgeber an den Betriebsrat wenden, um z.B. das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG einzuleiten oder um sich mit dem Betriebsrat in einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit gem. § 87 BetrVG zu einigen oder um in einer personellen Angelegenheit gem. § 99 BetrVG die Zustimmung des Betriebsrates einzuholen, steht ihm als Ansprechpartner und Adressat seiner Erklärung der Betriebsratsvorsitzende zur Verfügung. Gibt der Arbeitgeber die Erklärung – bei Nicht-Abwesenheit des Vorsitzenden – ggü. einem anderen Betriebsratsmitglied ab, dann handelt dieses als Erklärungsbote. Das Risiko fehlender oder nicht ordnungsgemäßer Übermittlung der Erklärung des Arbeitgebers an den Betriebsratsvorsitzenden oder das gesamte Gremium trägt in diesem Fall der Arbeitgeber.
Erklärungen ggü. dem Betriebsratsvorsitzenden können auch dadurch zugehen, dass der Arbeitgeber diese – etwa die Anhörung zu einer Kündigung – während des Laufs des Arbeitstages in einen vom Betriebsrat eingerichteten Briefkasten einwirft. § 130 BGB findet auch für solche Erklärungen Anwendung (LAG Niedersachsen v. 26.11.2007 – 6 TaBV 34/07, juris). Die Einlage in ein offenes Postfach des Betriebsrats (hier: Personalrats) soll den Zugang allerdings nicht bewirken, weil das Schriftstück hierdurch noch nicht in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, jedenfalls dann, wenn es keine Vereinbarung gibt, dass und bis zu welchem Zeitpunkt die Einlage einen solchen Zugang bewirken soll (LAG Berlin-Brandenburg v. 31.1.2007 – 17 Sa 1599/06, juris). Dies dürfte nur gelten, wenn die Handhabung nicht durch konkludentes Verhalten der Betriebsparteien gedeckt ist.
Der Betriebsratsvorsitzende führt bei einem Betriebsrat mit weniger als neun Mitgliedern gem. § 27 Abs. 3 S. 1 BetrVG die laufenden Geschäfte. Im Gesetz ist nicht ausdrücklich geregelt, was unter den laufenden Geschäften zu verstehen ist. Es geht dabei in erster Linie um die Wahrnehmung organisatorischer Aufgaben zur Vorbereitung und Durchführung der Betriebsratssitzungen. Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte des Betriebsrates gehören nicht zur laufenden Geschäftsführung, sondern fallen in die originäre Zuständigkeit des gesamten Betriebsratsgremiums oder – bei einem Gremium mit neun oder mehr Mitgliedern – diejenige gebildeter Betriebsratsausschüsse.
Der Betriebsratsvorsitzende beruft die Betriebsratssitzungen ein, legt die Tagesordnung fest und leitet die Sitzung (§ 29 Abs. 2 und 3 BetrVG).
Der Betriebsratsvorsitzende leitet die Sitzung des Betriebsausschusses (§ 27 Abs. 1 S. 2 BetrVG).
Der Betriebsratsvorsitzende unterschreibt neben einem anderen Betriebsratsmitglied (Schriftführer) das Protokoll der Betriebsratssitzungen gem. § 34 Abs. 1 S. 2 BetrVG.
Der Betriebsratsvorsitzende leitet gem. § 42 Abs. 1 S. 1 BetrVG die Betriebsversammlung.
Er – oder ein von ihm beauftragtes Betriebsratsmitglied – nimmt gem. § 65 Abs. 2 BetrVG an den Sitzungen der Jugend- und Auszubildendenvertretung teil und kann gem. § 69 S. 2 BetrVG auch bei den Sprechstunden der Jugend- und Auszubildendenvertretung anwesend sein.
 

Rz. 454

Zu den laufenden Geschäften, die dem Betriebsratsvorsitzenden gem. § 27 Abs. 3 BetrVG (Betriebsräte mit weniger als neun Mitgliedern) übertragen werden können, gehören z.B.:

Vorbereitung von Betriebsratsbeschlüssen,
Einholung von Auskünften, Beschaffung von Unterlagen,
Besprechung mit Vertretern der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften,
Entgegennahme von Anträgen des Arbeitgebers und von Beschwerden aus der Belegschaft sowie deren Vorprüfung,
Vorbesprechungen und Beratungen mit dem Arbeitgeber,
Vorbereitung der Betriebs- und Abteilungsversammlungen,
anfallender Schriftwechsel.

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