Entscheidungsstichwort (Thema)

Postfach des Personalrats. Zugang eines Antrags auf Zustimmung zur Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Das offene Postfach des Personalrats in der Poststelle der Dienststelle stellt keine Empfangsvorrichtung des Personalrats dar. Der Zugang von Schreiben an den Personalrat wird daher nicht durch das Einlegen in das Postfach bewirkt.

 

Normenkette

BGB § 130

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 13.07.2006; Aktenzeichen 96 Ca 3447/06)

 

Tenor

I. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 13. Juli 2006 – 96 Ca 3447/06 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten vor allem über die Wirksamkeit einer Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses, die von dem beklagten Land während der Probezeit der Klägerin ausgesprochen wurde.

Das beklagte Land beschäftigte die Klägerin seit dem 5. August 2005 als Lehrerin. Es unterrichtete den zuständigen Lehrerpersonalrat N. mit Schreiben vom 3. Januar 2006 von seiner Absicht, das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung zu beenden und bat um Zustimmung zu dieser Maßnahme. Das Schreiben wurde am 4. Januar 2006 gegen 14.00 Uhr in das Postfach des Personalrats gelegt. Der Vorsitzende des Personalrats, der das Postfach am 4. Januar 2006 gegen 10.00 Uhr geleert hatte, entnahm das Schreiben dem Postfach am 5. Januar 2006. Der Personalrat verweigerte die Zustimmung zu der beabsichtigten Kündigung mit Schreiben vom 19. Januar 2006, das der Dienststelle an diesem Tag zuging. Das beklagte Land kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 27. Januar 2006, das der Klägerin am 3. Februar 2006 erhielt, zum 28. Februar 2006.

Das Postfach des Personalrats befindet sich in der Poststelle des Dienstgebäudes B.straße 34; es handelt sich um ein offenes, nicht verschließbares Regalfach. Der Vorsitzende des Personalrats besitzt einen Schlüssel der Poststelle. In der Dienststelle wird zweimal am Tag Post verteilt. Die Sitzungen des Personalrats finden in dem genannten Dienstgebäude statt. Der Personalrat unterhält dort ein Büro, das bis 15.00 Uhr mit einer Verwaltungsmitarbeiterin besetzt ist.

Mit ihrer am 17. Februar 2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem beklagten Land am 28. Februar 2006 zugestellten Klage hat sich die Klägerin gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewandt und die Verurteilung des beklagten Landes zur vorläufigen Weiterbeschäftigung begehrt. Sie hat die die Kündigung für unwirksam gehalten, weil sie ohne die erforderliche Zustimmung des Personalrats erfolgt sei. Das beklagte Land ist der Klage entgegengetreten. Die Zustimmung des Personalrats sei nicht fristgerecht verweigert worden; sie gelte daher gemäß § 79 Abs. 2 Satz 4 PersVG Berlin als erteilt. Auch habe der Personalrat die Zustimmungsverweigerung unzureichend begründet. Von der weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage durch ein am 13. Juli 2006 verkündetes Urteil entsprochen. Die Kündigung sei ohne die erforderliche Zustimmung des Personalrats erfolgt und daher rechtsunwirksam. Es könne dahinstehen, ob der Kündigungsantrag dem Personalrat bereits am 4. Januar 2006 zugegangen sei, weil sich das beklagte Land nach Treu und Glauben nicht auf diesen Zugangszeitpunkt berufen könne. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin sei es in der Dienststelle üblich gewesen, dem Personalrat dringende Angelegenheiten während einer Personalratssitzung zuzuleiten. Dieser Praxis entsprechend hätte das beklagte Land den Kündigungsantrag am 4. Januar 2006 in die an diesem Tag stattfindende Sitzung des Personalrats bringen müssen. Der Personalrat habe seine Zustimmungsverweigerung hinreichend begründet; das beklagte Land hätte nunmehr das Verfahren nach § 80 PersVG Berlin betreiben müssen. Da die Kündigung unwirksam sei, müsse das beklagte Land die Klägerin vorläufig weiterbeschäftigen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses ihm am 8. August 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 6. September 2006 eingelegte Berufung des beklagten Landes, die es innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet hat.

Das beklagte Land hält die Kündigung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin für rechtswirksam. Der Kündigungsantrag sei dem Personalrat bereits am 4. Januar 2006 zugegangen; die Äußerungsfrist des Personalrats habe daher am 18. Januar 2006 geendet. Der Antrag sei mit dem Einlegen in das Postfach in den Machtbereich des Personalrats gelangt; auch habe der Personalrat damit rechnen müssen, dass am frühen Nachmittag des 4. Januar 2006 erneut Post in das Postfach eingelegt werden würde. Eine Praxis, dringende Anträge in die Personalratssitzung zu bringen, habe nicht bestanden.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage unter Änderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 13. J...

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