Rz. 606

Voraussetzung für die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung – dies gilt auch für die Teilnahme an einem Bildungsurlaub nach § 37 Abs. 7 BetrVG – ist ein ordnungsgemäßer Beschluss des Betriebsrates. Anders als bei der Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 2 BetrVG entscheidet das einzelne Betriebsratsmitglied nicht selbst über seine Teilnahme an einem Seminarbesuch, sondern das Betriebsratsgremium. Ein wirksamer Entsendungsbeschluss erfolgt im Rahmen einer ordnungsgemäßen Betriebsratssitzung. Auf der Einladung ist die geplante Entsendung in der Tagesordnung anzugeben. Fehlt dieser Tagesordnungspunkt auf der den Betriebsratsmitgliedern übersandten Tagesordnung, ist der Entsendungsbeschluss – soweit die Tagesordnung nicht wirksam ergänzt wird (hierzu genügt nach geänderter Rechtsprechung ein einstimmiger Beschluss der erschienenen Betriebsratsmitglieder) – unwirksam (LAG Schleswig-Holstein v. 28.9.1989 – 4 Sa 339/89, juris). Dabei wird die Bezeichnung "Seminarplan" ausreichend sein (LAG Nürnberg, 28.5.2002 – 6(5) TaBV 29/01, juris). Das betroffene Betriebsratsmitglied ist nicht verhindert, sondern abstimmungsberechtigt.

Die ordnungsgemäße Beschlussfassung muss vor Durchführung der Schulungsmaßnahme und vor Entstehung der Kosten erfolgt sein (BAG v. 8.3.2000 – 7 ABR 11/98, juris, insoweit unter ausdrücklicher Aufgabe des Beschlusses des BAG v. 28.10.1992 – 7 ABR 14/92, juris). Dem Betriebsratsgremium müssen hinreichende Informationen über den Schulungsplan bei der Beschlussfassung vorlegen – anderenfalls kann er die Erforderlichkeit überhaupt nicht beurteilen und sein Beschluss ist unwirksam (LAG Hamm v. 18.1.2013 – 13 TaBV 60/12, juris). Es bestehen keine Bedenken, dass der Betriebsrat die Entscheidung über die Schulungsmaßnahmen durch Geschäftsordnungsbeschluss auf den Betriebs- oder Personalausschuss überträgt (Fitting, § 37 Rn 231; LAG Hessen v. 16.11.2020 – 16 TaBV 107/20, juris, verlangt zu Recht eine ausdrückliche Regelung in der Geschäftsordnung, die Übertragung "personeller Angelegenheiten" genügt hierfür nicht).

Der Schulungsbeschluss des Betriebsrats muss auf ein konkretes Betriebsratsmitglied und eine konkrete, nach Zeitpunkt und Ort bestimmte Schulung bezogen sein. Er braucht sich nicht darauf zu erstrecken, mit welchem Verkehrsmittel das Betriebsratsmitglied zum Schulungsort gelangt und ob es dort übernachtet oder nicht. Erfolgt dennoch eine solche Beschlussfassung, ist das Betriebsratsmitglied jedenfalls dann nicht daran gebunden, wenn sich die für die Erforderlichkeit maßgeblichen Umstände nach dem Schulungsbeschluss gravierend geändert haben, etwa bei starkem Schneefall (BAG v. 27.5.2015 – 7 ABR 26/13, juris).

 

Rz. 607

Der Betriebsratsbeschluss über die Seminarteilnahme muss dem Arbeitgeber mitgeteilt werden, damit dieser sich auf die Abwesenheit des betreffenden Betriebsratsmitgliedes einstellen kann. Der Arbeitgeber muss prüfen können, ob die Schulung aus seiner Sicht erforderlich ist, ob der Anspruch nach § 37 Abs. 7 BetrVG ggf. bereits ausgeschöpft ist und ob bei der Festlegung der zeitlichen Lage die betrieblichen Notwendigkeiten gem. § 37 Abs. 6 S. 2 BetrVG berücksichtigt worden sind. Streitig ist, ob die fehlende Unterrichtung des Arbeitgebers dazu führt, dass eine Fortzahlung der Vergütung des Betriebsratsmitglieds unterbleibt (so Richardi/Thüsing, § 37 Rn 143; a.A. Fitting, § 37 Rn 242, jeweils m.w.N.). Da es sich um eine Pflicht des Betriebsratsgremiums (des Vorsitzenden) handelt, nicht des betroffenen Betriebsratsmitglieds, wird man die Durchsetzung des Anspruchs hieran nicht von vornherein scheitern lassen. Nimmt der Arbeitgeber die Mitteilung des Betriebsrates, ein bestimmtes Betriebsratsmitglied zu einer Schulungsveranstaltung zu entsenden, entgegen, ohne zu widersprechen oder Bedenken geltend zu machen, bedeutet dies ohne das Hinzukommen weiterer Umstände noch nicht die Anerkennung als erforderliche Seminarteilnahme (BAG v. 24.5.1995 – 7 ABR 54/94, juris). Vielmehr ist der Arbeitgeber zur Kostenübernahme gem. § 40 Abs. 1 BetrVG und Vergütungsfortzahlung gem. § 37 Abs. 6 BetrVG nur verpflichtet, wenn er die Maßnahme ausdrücklich genehmigt hat oder wenn die Teilnahme an der Schulungsveranstaltung objektiv erforderlich war.

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