Rz. 83

Das Kündigungsverbot des § 613a Abs. 4 S. 1 BGB gilt auch für eine Änderungskündigung. Geht ein Betrieb oder Betriebsteil dadurch auf den Erwerber über, dass dieser die Identität der wirtschaftlichen Einheit durch die Einstellung der organisierten Hauptbelegschaft und durch deren Einsatz auf ihren alten Arbeitsplätzen mit unveränderten Aufgaben vornimmt, so haben die gekündigten Arbeitnehmer einen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Arbeitsbedingungen gegen den Betriebserwerber. Dies gilt auch dann, wenn der bisherige Betriebsinhaber keine Beendigungskündigung, sondern eine – wirksame – Änderungskündigung ausgesprochen und der Arbeitnehmer die geänderten Arbeitsbedingungen unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung angenommen hat, denn das Kündigungsverbot des § 613a Abs. 4 S. 1 BGB gilt auch für eine Änderungskündigung (LAG Hamm v. 5.3.1999 – 10 Sa 1961/98; Uhlenbruck/Zobel, InsO § 128 Rn 20).

 

Rz. 84

Diese ist aber nach allgemeinen Grundsätzen (s. dazu EuGH v. 12.11.1992 – C 209/91, EWiR 1993, 147 m. Anm. Schroeder = NZA 1995, 475; ferner EuGH v. 7.3.1996 – C-171/94 u. C-172/94) nach § 613a Abs. 4 S. 2 BGB i.V.m. § 2 KSchG für den Fall möglich, dass überhöhte Lohn- und Gehaltskosten einer rentablen Weiterführung des Betriebes entgegenstehen. Gerade für die Fälle der sog. "Übertragenden Sanierung" ist es oftmals notwendig, übertarifliche Leistungen abzubauen und insb. unterschiedliche Bezahlungen anzupassen, wenn der Erwerber in seinen Betrieben selbst nur nach Tarif bezahlt (Hanau/Berscheid, Kölner Schrift zur InsO, S. 1541, 1558 Rn 33). Deshalb ist es bedenklich, wenn die Tatsache allein, dass mit einer Änderungskündigung eine Vereinheitlichung der materiellen Arbeitsbedingungen unter den Arbeitnehmern herbeigeführt werden soll, eine Änderungskündigung nicht rechtfertigen soll (so BAG v. 28.4.1982 – 7 AZR 1139/79 m. Anm. v. Hoyningen-Huene = AuR 1983, 383 m. Anm. Kempff = NJW 1982, 2687 = SAE 1982, 249 m. Anm. Beitzke; krit. dazu Berger-Delhey, DB 1991, 1571, 1573). Ebenso bedenklich ist es, wenn bei der Prüfung, ob ein dringendes betriebliches Erfordernis zu einer Entgeltkürzung durch Änderungskündigung besteht, auf die wirtschaftliche Situation des Gesamtbetriebs, nicht eines unselbstständigen Betriebsteils abgestellt wird (BAG v. 20.8.1998 – 2 AZR 84/98, BB 1999, 904 m. Anm. Günzel = NZA 1999; BAG v. 12.11.1998 – 2 AZR 583/97; BAG v. 12.11.1998 – 2 AZR 91/98), selbst wenn die ungleiche Entgeltstruktur nur in dieser Betriebsabteilung ist. Die Unrentabilität des Betriebs kann zwar dann ein Grund für eine betriebsbedingte Änderungskündigung sein, wenn durch die Senkung der Personalkosten die Stilllegung des Betriebes oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden kann, jedoch ist die Forderung, es müsse eine "absolute" Gefahr für die Arbeitsplätze oder eine Existenzgefährdung des Arbeitgebers erkennbar sein (BAG v. 20.3.1986 – 2 AZR 294/85, AP § 2 KSchG 1969 Nr. 14 = EzA § 2 KSchG Nr. 6 m. Anm. Löwisch = NZA 1986, 824; BAG v. 11.10.1989 – 2 AZR 61/89, AP § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 47 m. Anm. Berger-Delhey = EWiR 1990, 1115 m. Anm. Löwisch = NZA 1990, 607 = ZIP 1990, 944), für eine vernünftige Sanierungsmöglichkeit zu eng; für eine Änderungskündigung müssen vielmehr triftige Rentabilitätsinteressen ausreichen (LAG Hamm v. 25.7.1986 – 16 Sa 2025/85; LAG Hamm v. 5.9.1986 – 16 Sa 2137/85; LAG Köln v. 15.6.1988 – 2 Sa 166/88; LAG Köln v. 30.11.1989 – 2 Sa 600/89), da andernfalls das mildere Mittel der Änderungskündigung strengeren Kriterien als die Beendigungskündigung unterliegt (Stahlhacke, DB 1994, 1361, 1368; ebenso Hanau/Berscheid, Kölner Schrift zur InsO, S. 1541, 1559 Rn 33).

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