Rz. 11

§ 2102 BGB spiegelt die unterschiedliche Stärke der beiden Rechte als Nacherbe und Ersatzerbe wider. Die Stellung als Ersatzerbe ist schwächer als die des Nacherben. Der Ersatzerbe hat keine Mitwirkungs- und Kontrollrechte, er geht schlicht leer aus, wenn der "Haupt-"erbe das Erbe antreten kann. Deshalb kennt die Auslegungsregel des § 2102 Abs. 1 BGB nur die Richtung, dass der Nacherbe im Zweifel auch Ersatzerbe ist – nicht umgekehrt.[18] Konsequent ist dann auch die Regel des § 2102 Abs. 2 BGB, wonach bei bestehen bleibenden Zweifeln eine Verfügung als Ersatzerbeneinsetzung zu werten ist. Auch für das gemeinschaftliche Testament gilt § 2102 BGB. Setzen sich die Eheleute gegenseitig zu Vorerben und einen Dritten zum "Nacherben des Vorverstorbenen" ein, so ist der Dritte im Zweifel auch Ersatzerbe für den "weggefallenen" Erstverstorbenen nach dem längerlebenden Ehegatten und erbt als Nacherbe und Ersatzerbe beim Tod des überlebenden Ehegatten beide Vermögensmassen.[19] § 2102 Abs. 1 BGB gilt auch für den Nachnacherben, der im Zweifel Ersatznacherbe ist.[20] Der Wille, einen im Testament eingesetzten Nacherben nicht auch als Ersatzerben einzusetzen, muss sich aus dem Testament zum Zeitpunkt dessen Erstellung ermitteln lassen. Nur wenn eine Unterbrechung der Erbenkette gewollt war, wenn der Vorerbe vor dem Vorerbfall verstirbt, rückt der Nacherbe nicht in die Stellung als Ersatzerbe ein.[21]

[19] Grüneberg/Weidlich, § 2102 Rn 3; OLG Karlsruhe NJW-RR 2003, 582. Voraussetzung ist die Anwendung der Trennungslösung.
[20] MüKo-BGB/Lieder, § 2102 Rn 10.
[21] OLG Hamburg, NJW-Spezial 2020, 391.

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