Entscheidungsstichwort (Thema)

weitere Beschwerde

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Beschluss vom 10.10.2001; Aktenzeichen 6 T 128/01 I)

 

Tenor

1. Die weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Heidelberg vom 10. Oktober 2001 – 6 T 128/01 I – wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 2.

3. Der Beschwerdewert wird auf 100.000,00 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die durch einen Vorbescheid angekündigte Erteilung eines Erbscheins, in dem sie und ihre Schwester als Erben ihrer Mutter zu jeweils ½ ausgewiesen werden sollen.

Die Beteiligten sind die Töchter der Erblasserin R., verstorben am 4. März 2001, und deren im Jahre 1967 verstorbenen Ehemannes. Die Eheleute hatten am 1. Januar 1959 ein handschriftliches Testament errichtet, indem es u.a. heißt:

„Wir, …, setzen uns gegenseitig als Alleinerben ein, dergestalt, dass der Längstlebende befreiter Vorerbe und unsere gemeinsamen Kinder Nacherben zu gleichen Teilen sein sollen. Die Nacherbschaft soll mit dem Tode oder der Wiederverheiratung des Längstlebenden eintreten. Die Nacherbschaft soll sich auf das beim Tode oder der Wiederverheiratung des Längstlebenden noch vorhandene Vermögen erstrecken. Sollte eines unserer Kinder die Nacherbschaft nicht erleben, so sollen Ersatzerben deren Abkömmlinge nach Maßgabe des dem weggefallenen Nacherben zustehenden Erbteils sein.

… Sollte eines unserer Kinder dieses Testament anfechten, so soll dieses auf den Pflichtteil gesetzt sein.

K. R.

Vorstehendes Testament gilt auch als mein Testament.

S. R..”

Am 29. November 1985 errichtete die Erblasserin ein notarielles Testament, in dem sie die Beschwerdeführerin zur Alleinerbin einsetzte. Dabei erklärte sie dem Notar, dass sie zusammen mit ihrem verstorbenen Ehemann K. R. das gemeinschaftliche Testament vom 01.01.1959 errichtet habe, in welchem Bestimmungen auf Ableben des Längstlebenden nicht getroffen worden seien.

Die Beschwerdeführerin hat beim Nachlassgericht den Antrag gestellt, ihr einen Erbschein als Alleinerbin auf der Grundlage des Testamentes vom 29. November 1985 zu erteilen. Die Beteiligte zu 2 hat einen gemeinschaftlichen Erbschein des Inhalts beantragt, dass die Erblasserin von ihr und ihrer Schwester zu je ½ beerbt worden sei. Sie hat die Auffassung vertreten, das Testament vom 1. Januar 1959 enthalte eine letztwillige Verfügung über das gesamte Vermögen beider Ehegatten, und zwar dahin, dass beide Kinder nach dem Tod des Letztversterbenden Nacherben des Erstversterbenden und Erben des Letztversterbenden zu je ½ werden sollten. Das notarielle Testament vom 29.11.1985 sei daher unwirksam. Das Nachlassgericht hat am 6. August 2001 einen Vorbescheid erlassen, in dem es die Erteilung eines entsprechenden Erbscheines angekündigt hat.

Hiergegen hat sich die Beschwerdeführerin gewandt, die geltend gemacht hat, der Wortlaut des Testaments vom 1. Januar 1959 sei eindeutig. Mit den juristisch korrekt verwendeten Begriffen sei eine Verfügung über die Erbfolge beim Tode des Längstlebenden nicht getroffen worden. Dass die Ehegatten die Begriffe in einem anderen als dem juristisch richtigen Sinne verstanden hätten, sei nicht ersichtlich. Die Erblasserin habe sie daher wirksam in ihrem späteren Testament zur Alleinerbin eingesetzt.

Das Landgericht hat die Beschwerde mit Beschluss vom 10. Oktober 2001, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, zurückgewiesen. Denn nach § 2102 Abs. 1 BGB, der auch für gemeinschaftliche Testamente mit der Anordnung von Vor- und Nacherbschaft anwendbar sei, enthalte die Einsetzung als Nacherbe im Zweifel auch die Einsetzung als Ersatzerbe, hier also die Einsetzung beider Kinder zu ½ als Ersatzerben nach dem Tode der letztversterbenden Mutter.

Mit ihrer weiteren Beschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Rechtsauffassung des Landgerichts, dass das gemeinschaftliche Testament am 1. Januar 1959 eine Erbeinsetzung auf den Tod des überlebenden Ehegatten enthalte. Zum einem sei § 2102 Abs. 1 BGB entgegen der Auffassung des Landgerichts auf die vorliegende Konstellation nicht anwendbar. Zum anderen enthalte das Testament genügend Anhaltspunkte für eine andere Auslegung dahingehend, dass eine Verfügung auf den Tod des Letztversterbenden gerade nicht habe getroffen werden sollen. Deshalb lägen die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 2102 Abs. 1 BGB nicht vor.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei die Beschwerde zurückgewiesen. Der Vorbescheid, in dem der Erlass des Erbscheins für die Beteiligten als Erben zu je ½ angekündigt wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

1. Die Beschwerdeführerin greift die Auffassung des Landgerichts, dass im vorliegenden Fall die Auslegungsregel des § 2269 BGB nicht anwendbar sei, als ihr günstig nicht an. Diese Auffassung ist auch rechtsfehlerfrei, denn nach dem insoweit eindeuti...

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