Rz. 563
Die Möglichkeit, Folgesachen aus dem Verbund abzutrennen und getrennt zu entscheiden, wurde in § 140 FamFG zusammenfassend geregelt. Der Gesetzgeber hat hierbei einige Erleichterungen für die Abtrennung geschaffen.
Rz. 564
Hinsichtlich der Abtrennung einer Folgesache aus dem Verbund werden folgende Fallkonstellationen unterschieden:
1. | Eine Folgesache wird abgetrennt und nicht als Folgesache fortgeführt, sondern als selbstständiges Verfahren. Folge: Das Verbundverfahren wird ohne die abgetrennte – nun als isoliertes Verfahren fortgeführte – Sache abgerechnet. Zudem erfolgt eine gesonderte Abrechnung des abgetrennten Verfahrens als isoliertes Verfahren. |
2. | Eine Folgesache wird abgetrennt und trotz Abtrennung als Folgesache fortgeführt. Die Abrechnung erfolgt einheitlich als Verbund- mit Folgesache. |
Rz. 565
Beispiel
Rechtsanwalt Z reicht im Januar 2017 einen Antrag auf Scheidung der Ehe beim zuständigen Familiengericht ein; der Versorgungsausgleich wird als Folgesache im Zwangsverbund ebenfalls anhängig. Daneben wird im Mai 2017 die elterliche Sorge als Folgesache anhängig gemacht und die Einbeziehung in den Verbund beantragt. Das Familiengericht hat den Wert der Ehesache auf 9.000,00 EUR festgesetzt, den des Versorgungsausgleichs auf 1.000,00 EUR. Bevor ein Termin stattfindet, wird die Folgesache Sorgerecht abgetrennt (§ 137 Abs. 5 S. 2 FamFG = Sorgerecht wird als selbstständiges Verfahren fortgeführt).
Der Scheidungsbeschluss mit Durchführung des Versorgungsausgleichs ergeht im Juli 2017; über das Sorgerecht wird im Oktober 2017 durch gesonderten Beschluss entschieden.
Vor Abtrennung der Folgesache Sorgerecht sind im Verbund entstanden:
Gegenstandswert: | 9.000,00 EUR | §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 43 FamGKG |
Ehesache: | 1.000,00 EUR | §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 50 FamGKG |
Versorgungsausgleich: | 1.800,00 EUR | §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 44 FamGKG |
Sorgerecht im Verbund: | 11.800,00 EUR | § 22 Abs. 1 RVG |
Summe |
1,3 Verfahrensgebühr aus 11.800,00 EUR Nr. 3100 VV RVG |
785,20 EUR |
Auslagen, Nr. 7002 VV RVG | 20,00 EUR |
Zwischensumme | 805,20 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG | 152,99 EUR |
Summe | 958,19 EUR |
Nach Abtrennung der Folgesache Sorgerecht – Fortführung als selbstständige Familiensache – Abrechnung aus höherem Wert
Es sind folgende Gebühren entstanden:
Gegenstandswert: 3.000,00 EUR, §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG |
261,30 EUR |
Abzüglich anteilig abzuziehender Mehrbetrag aus Abrechnung des Verbundverfahrens (vgl. Nebenrechnung): |
./. 59,80 EUR |
Zwischensumme | 201,50 EUR |
zzgl. Auslagen Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme | 221,50 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG | 42,09 EUR |
Summe | 263,59 EUR |
Nebenrechnung: 1,3 Verfahrensgebühr aus 11.800,00 EUR |
785,20 EUR |
Abzüglich 1,3 Verfahrensgebühr aus 10.000,00 EUR | ./. 725,40 EUR |
Summe | 59,80 EUR |
Hinweis: Neben den obigen Betriebsgebühren können natürlich je nach Fallgestaltung auch die Termins- und Einigungsgebühr entstehen. Im vorstehenden Beispiel ging es um die Darstellung der Verfahrensgebühren. Wichtig: Wegen § 21 Abs. 3 RVG darf aus dem Wert des Sorgerechts nicht zweimal abgerechnet werden (Verbund und isoliert). Der Anwalt muss sich entscheiden und wird vernünftigerweise die Abrechnungsmethode wählen, die ihm höhere Gebühren einbringt.
Rz. 566
Muster 79: Musterrechnung 4.79: Ehesache mit Folgesache Versorgungsausgleich – Abtrennung
Musterrechnung 4.79: Ehesache mit Folgesache Versorgungsausgleich – Abtrennung
Rechtsanwalt Z reicht im Januar 2017 einen Antrag auf Scheidung der Ehe beim zuständigen Familiengericht ein; der Versorgungsausgleich wird als Folgesache im Zwangsverbund ebenfalls anhängig. Im Laufe des Verfahrens wird im Termin zur mündlichen Verhandlung der Versorgungsausgleich abgetrennt (§ 137 Abs. 5 S. 1 FamFG = VersA bleibt Folgesache). Der Scheidungsbeschluss ergeht im Mai 2017, über den Versorgungsausgleich wird im November 2017 entschieden. Das Familiengericht hat den Wert der Ehesache auf 12.500,00 EUR festgesetzt und den des Versorgungsausgleichs auf 1.000,00 EUR.
Gegenstandswert: | ||
Ehesache: | 12.500,00 EUR | §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 43 FamGKG |
Versorgungsausgleich: | 1.000,00 EUR | §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 50 FamGKG |
Summe | 13.500,00 EUR | § 22 Abs. 1 RVG |
1,3 Verfahrensgebühr aus 13.500,00 EUR Nr. 3100 VV RVG |
845,00 EUR |
1,2 Terminsgebühr aus 13.500,00 EUR Nr. 3104 VV RVG |
780,00 EUR |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG | 20,00 EUR |
Zwischensumme | 1.645,00 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG | 312,55 EUR |
Summe | 1.957,55 EUR |
Hinweis: Der Versorgungsausgleich bleibt im Verbund. Ist am Ende auch über den Versorgungsausgleich entschieden, kann die Endabrechnung einheitlich als eine gebührenrechtliche Angelegenheit abgerechnet werden. Davon unberührt bleibt natürlich das Vorschussrecht nach § 9 RVG.
Zu den Gegenstandswerten siehe § 2 Rdn 76 ff.
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