Rz. 31

Verkauft ein Miterbe seinen Anteil an der Erbengemeinschaft, gewährt § 2034 Abs. 1 BGB den übrigen Miterben ein Vorkaufsrecht. Hierdurch können die Miterben den Eintritt Außenstehender in die Gemeinschaft verhindern, um die Zuordnung des Nachlasses an die Erbengemeinschaft zu erhalten und die Auseinandersetzung oder das Fortbestehen der Gemeinschaft zu erleichtern oder zu sichern, worauf sonst der Anteilserwerber Einfluss nehmen könnte.[57] Die Ausübung des Vorkaufsrechts steht den Miterben gemeinschaftlich zu (siehe hierzu i.E. Rdn 33). Das Vorkaufsrecht geht nicht auf den Erbteilserwerber (§ 2033 BGB, hierzu Rdn 13 ff., 23) über. Dies gilt auch, wenn der Erbwerber ebenfalls Miterbe ist.[58]

 

Rz. 32

§ 2034 BGB bezieht sich abschließend nur und ausschließlich auf den freiwilligen Verkauf eines Miterbenanteils. Auf andere Verträge wird § 2034 BGB nach der ganz h.M.[59] nicht entsprechend angewendet, gleich ob Schenkung,[60] gemischte Schenkung,[61] Sicherungsabrede,[62] Tausch,[63] Vergleich, Zwangsvollstreckung[64] (§ 471 BGB) oder Teilungsversteigerung gem. § 180 ZVG[65] vorliegt. Der Wortlaut des § 2034 BGB ist insoweit eindeutig und stellt gerade nicht lediglich auf "Verfügung" ab. Daher ist die Übertragung aufgrund der Erfüllung eines Vermächtnisses u.Ä. ebenfalls kein Fall des § 2034 BGB. Soweit versucht wird, durch ein "Umgehungsgeschäft" die Regelung des § 2034 BGB zu vermeiden, ist die Anwendung von § 2034 BGB auszudehnen: Ein Umgehungsgeschäft liegt bei Verträgen vor, die einem Kaufvertrag nahezu gleichkommen und in die der Vorkaufsberechtigte zur Wahrung seiner Erwerbs- und Abwehrinteressen "eintreten" kann, ohne die vom Verpflichteten ausgehandelten Konditionen des Veräußerers zu beeinträchtigen.[66]

Das Vorkaufsrecht gibt den Miterben die Befugnis, den Miterbenanteil zu den vertraglichen Konditionen zu erwerben, zu denen der veräußernde Miterbe ihn an den Dritten veräußern wollte. Mit Ausübung (siehe Rdn 33) kommt der Vertrag mit dem gleichen Inhalt zwischen vorkaufsverpflichteten und vorkaufsberechtigten Miterben zustande, § 464 Abs. 2 BGB. Die Miterben haften dem Käufer als Gesamtschuldner.

Ist ein Miterbe verstorben und hat seinen Miterbenanteil – zusammen mit seinem Eigenvermögen – weiter vererbt, ist danach zu unterscheiden, über welchen Gegenstand verfügt wird und ob eine weitere Erbengemeinschaft entstanden ist.[67]

[59] Zustimmend: Palandt/Weidlich, § 2034 Rn 5; Staudinger/Löhnig, § 2034 Rn 6; Erman/Bayer, § 2034 Rn 2a; a.A. Brox/Walker, Rn 481.
[60] BGH, Urt. v. 15.6.1957 – V ZR 198/55, WM 1957, 1162, 1164 mit Bezug auf RG, Urt. v. 15.12.1920 – V 320/20, RGZ 101, 99, 101.
[61] RG, Urt. v. 15.12.1920 – V 320/20, RGZ 101, 99, 101.
[62] BGH, Urt. v. 13.7.1957 – IV ZR 93/57, NJW 1957, 1515, 1516.
[63] BGH, Urt. v. 11.12.1963 – V ZR 41/62, NJW 1964, 540, 541: Der Vorkaufsberechtigte hätte bei Ausübung des Vorkaufsrechts nicht die Möglichkeit den Tauschgegenstand anstelle des ursprünglichen Vertragspartners zu übereignen.
[64] BGH, Urt. v. 22.9.1976 – V ZR 77/76, NJW 1977, 37, 38.
[65] Kein Vorkaufsrecht der Miterben gegenüber dem Meistbietenden.
[66] BGH, Urt. v. 11.10.1991 – V ZR 127/90, NJW 1992, 236, 237.
[67] Zu Einzelheiten siehe Damrau/Tanck/Rißmann, § 2034 Rn 4 ff.; siehe dort Rn 8 ff. zu den Voraussetzungen des Vorkaufsrechts im Einzelnen.

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