Rz. 139

Die Länder haben mit dem Rundfunkstaatsvertrag 1987 eine einheitliche Rechtsgrundlage geschaffen, der nach der deutschen Einheit mit dem Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland mit Wirkung zum 1.1.1992 grundlegend novelliert wurde.[152] Der Rundfunkstaatsvertrag ist das wesentliche länderübergreifende Gesetz, das für alle Bereiche des öffentlich-rechtlichen und des privaten Rundfunks grundsätzliche Regelungen aufstellt.

 

Rz. 140

Durch den am 1.1.1996 in Kraft getretenen 3. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (RÄStV)[153] wurde insbesondere das Medienkonzentrationsrecht neu gefasst.[154] Anlass dieser Änderung war das 4. Rundfunkurteil des BVerfG,[155] das das Gebot der Meinungsvielfalt zwar grundsätzlich gewahrt sah, aber dennoch zur Änderung (unter anderem) des § 21 Abs. 1 RStV a.F. führte, und zwar durch die Einführung des so genannten Zuschaueranteilmodells anstelle des bis dahin gültigen Prinzips der Programmzahlbegrenzung. Ausgehend von einem Marktanteil von 40 % für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (unter Einbeziehung der Dritten Programme der ARD, 3sat und ARTE) wurde eine 30 %-Grenze für private Rundfunkanbieter eingeführt. Dies beinhaltet, dass jeder Unternehmer (egal ob Einzelunternehmen, Personen- oder Kapitalgesellschaft) bundesweit im Fernsehen eine unbegrenzte Anzahl von Programmen veranstalten darf, sofern im Durchschnitt eines Jahres ein Zuschaueranteil von 30 % nicht überschritten wird. Nach § 28 RStV werden einem Unternehmer sämtliche Programme zugerechnet, die er selbst veranstaltet oder an denen er unmittelbar mit mindestens 25 % am Kapital oder an den Stimmrechten beteiligt ist. Trotz dieses wettbewerblichen Einschlags bleibt Rundfunk Ländersache.[156]

 

Rz. 141

Der zum 1.4.2000 in Kraft getretene 4. RÄStV und der 5. RÄStV[157] vom 6./7.8.2000 sind erfolgt, um die Bestimmungen über die Werbung, das Sponsoring und das Teleshopping an die geänderten Bestimmungen der EG-Fernsehrichtlinie anzupassen.[158] Der 6. RÄStV vom 20./21.12.2001 hat im Wesentlichen die Berücksichtigung und Umsetzung der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr zum Gegenstand und findet bei den Ausführungen zu den Telemedien Berücksichtigung (siehe Rdn 374 ff.).

 

Rz. 142

Durch den 9. RÄStV, der zusammen mit dem Telemediengesetz verabschiedet wurde und jeweils am 1.3.2007 in Kraft getreten ist, wurde der bisherige Rundfunkstaatsvertrag in "Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien" umbenannt. Inhaltlich neu ist, dass Teile des ehemaligen Mediendienste-Staatsvertrages in den Rundfunkstaatsvertrag (in §§ 54 bis 61) integriert wurden. Weiter ist auf die neuen Informationsrechte nach § 5 Abs. 1 MStV, § 9a RStV a.F. hinzuweisen (siehe Rdn 245).

 

Rz. 143

Der 10. RÄStV vom 1.9.2008 vereinheitlichte die bislang landesrechtlich unterschiedlich geregelten persönlichen Voraussetzungen für Anbieter von bundesweitem privaten Rundfunk. Zulassung und Aufsicht nimmt seither die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) als gemeinsames Organ der Landesmedienanstalten wahr. Daneben gibt es noch die Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) sowie die Kommission für den Jugendschutz (KJM), die ebenfalls jeweils als internes Organ der Landesmedienanstalten agieren (§§ 35 ff. RStV). Der 11. RÄStV enthielt lediglich eine Anpassung der Rundfunkgebühren sowie die Verlängerung des Jugendmedienstaatsvertrages.

 

Rz. 144

Der 12. RÄStV vom 1.6.2009 führte den Drei-Stufen-Test (§ 11f Abs. 4 RStV) ein. Dieser konkretisiert die Grenzen eines Telemedienangebots dadurch, dass der publizistische Mehrwert auf die Vereinbarkeit mit dem Programmauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter überprüft wird.[159]

 

Rz. 145

Der 13. RÄStV vom 1.4.2010 liberalisierte durch Umsetzung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste[160] die Werbevorschriften, indem nunmehr die Produktplatzierung (§ 7 Abs. 7 i.V.m. §§ 15 und 44 RStV) erleichtert wurde. Der 14. RÄStV sollte den Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV), insbesondere eine Alterskennzeichnung für Telemedien, speziell für Internetangebote, einführen. Durch Ablehnung des Landtags von NRW im Dezember trat diese Änderung nicht in Kraft.

 

Rz. 146

Der 15. RÄStV ist seit dem 1.1.2013 in Kraft. Durch Schaffung eines Rundfunkbeitragsstaatsvertrages wurde die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks neu geregelt. Dieser ersetzt die geräteabhängige Gebührenfinanzierung durch eine Beitragspflicht für Wohnungsinhaber und Betriebsstätten.

Die weiteren Änderungen des Rundfunkstaatsvertrags können hier vernachlässigt werden.

 

Rz. 147

Am 7.11.2020 trat an Stelle des Rundfunkstaatsvertrags der Medienstaatsvertrag der Länder, der zwar den dualen Rundfunk betont, darüber hinaus aber die Stellung der meinungsbildungsrelevanten Telemedien stärkt.

[152] Zur Entstehungsgeschichte Cornils, in: Beck'scher TKG-Kommentar A, Rn 26 ff.
[153] Rundfunkstaatsvertrag vom 31.8.1991 (Bay GVBl, 452); 3. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 19.12.1996 (Bay GVBl, 480). Zum Text des Rundfunkstaatsv...

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