A. Leistungsrecht

 

Rz. 1

Aufgabe der Kriegsopferfürsorge ist es, sich der Beschädigten i.S.d. Bundesversorgungsgesetzes (BVG) und ihrer Familienmitglieder sowie der Hinterbliebenen in allen Lebenslagen anzunehmen, um die Folgen der Schädigung oder des Verlustes des Ehegatten oder Lebenspartners, Elternteils, Kindes oder Enkelkinds angemessen auszugleichen oder zu mildern.

Dafür stehen die in § 25b BVG benannten Leistungen der Kriegsopferfürsorge zur Verfügung, darunter die ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 27a BVG und die Hilfe in besonderen Lebenslagen nach § 27d BVG, z.B. in der Form der Eingliederungshilfe.

 

Rz. 2

Der Begriff "Kriegsopferfürsorge" ist irreführend, weil damit Leistungen zur Ergänzung der übrigen Versorgungsleistungen nach dem BVG im Einzelfall gemeint sind, das BVG aber nicht nur das Grundlagengesetz zur Kriegsopferversorgung ist, sondern auch das Rechtsfolgengesetz für die Gesetze des sozialen Entschädigungsrechts (§ 5 SGB I). Heute haben Kriegsopferfürsorgeleistungen also vorrangig Bedeutung für die Beschädigten und ihre Hinterbliebenen, die Versorgung beziehen aus anderen Gesetzen des sozialen Entschädigungsrechts, z.B. Opferentschädigungsgesetz, Soldatenversorgungsgesetz, Infektionsschutzgesetz etc.

 

Rz. 3

 

Hinweis

Ab 1.1.2024 gelten die §§ 92 ff. SGB XIV – die "Besonderen Leistungen im Einzelfall". Der Einsatz von Einkommen und Vermögen ist dann in den §§ 105 ff. SGB XIV geregelt. Vor dem Hintergrund dieser Änderungen sind die nachfolgenden Ausführungen kursorisch.

 

Rz. 4

Unter Beschädigten versteht man all diejenigen Menschen mit anerkannten Schädigungsfolgen, da diese dem Grunde nach Anspruch auf Heilbehandlung nach § 10 Abs. 1 BVG haben. Beschädigte können Leistungen der Kriegsopferfürsorge auch für Familienmitglieder erhalten, soweit diese ihren nach §§ 25b ff. BVG anzuerkennenden Bedarf nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen decken können. Als Familienmitglieder gelten

1. der Ehegatte oder der Lebenspartner des Beschädigten,
2. die Kinder des Beschädigten,
3. die Kinder, die nach § 33b Abs. 2 BVG als Kinder des Beschädigten gelten, und seine Pflegekinder (Personen, mit denen der Beschädigte durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie in seinen Haushalt aufgenommen hat und ein Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht),
4. sonstige Angehörige, die mit dem Beschädigten in häuslicher Gemeinschaft leben,
5. Personen, deren Ausschluss eine offensichtliche Härte bedeuten würde,

wenn der Beschädigte den Lebensunterhalt des Familienmitglieds überwiegend bestreitet, vor der Schädigung bestritten hat oder ohne die Schädigung wahrscheinlich bestreiten würde.

 

Rz. 5

Leistungen der Kriegsopferfürsorge werden nach § 25a BVG erbracht, wenn und soweit die Beschädigten infolge der Schädigung und die Hinterbliebenen infolge des Verlustes des Ehegatten oder Lebenspartners, Elternteils, Kindes oder Enkelkinds nicht in der Lage sind, den nach den §§ 25b ff. BVG anzuerkennenden Bedarf aus den übrigen Leistungen des BVG und dem sonstigen Einkommen und Vermögen zu decken.

 

Rz. 6

§ 25a BVG regelt die allgemeinen Voraussetzungen für alle Kriegsopferfürsorgeleistungen entsprechend dem für die Kriegsopferfürsorge maßgeblichen

Bedarfsdeckungsprinzip,
Grundsatz des Nachrangs gegenüber den Regelversorgungsleistungen des BVG und
Prinzip der vorrangigen Bedarfsdeckung aus dem sonstigen Einkommen und Vermögen des Hilfesuchenden.
 

Rz. 7

§ 25a BVG unterscheidet sich von den allgemeinen Leistungen der Sozialhilfe (SGB XII) dadurch, dass die anerkannte Schädigung letztlich kausal für die Unfähigkeit, den Bedarf zu decken, sein muss. Die allgemeine Sozialhilfe stellt nicht auf die Ursachen der Bedürftigkeit ab, sondern auf die Tatsache, dass Bedürftigkeit besteht.

Außerdem sind die Regelungen im BVG grundsätzlich günstiger ausgestaltet, um dem Gedanken des Sonderopfers im sozialen Entschädigungsrecht angemessen Rechnung zu tragen.[1]

 

Rz. 8

§ 25c BVG regelt, dass sich die Höhe der Geldleistungen nach dem Unterschied zwischen dem anzuerkennenden Bedarf und dem einzusetzenden Einkommen und Vermögen bestimmt.

 

Rz. 9

Einkommen i.S.d. Vorschriften über die Kriegsopferfürsorge sind nach § 25 d BVG alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen der Kriegsopferfürsorge. Die Einzelheiten werden durch die Verordnung zur Kriegsopferfürsorge geregelt.[2] Einkommen sind danach alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert ohne Rücksicht auf ihre Quelle und Rechtsnatur, soweit nicht das BVG, die Verordnung selbst oder andere Rechtsvorschriften vorschreiben, dass bestimmte Einkünfte bei der Feststellung von Leistungen der Kriegsopferfürsorge nicht zum Einkommen gehören. Dabei ist es unerheblich, ob sie zu den Einkünften des EStG gehören und ob sie der Steuerpflicht unterliegen. Die Verordnung zur Kriegsopferfürsorge regelt sodann die unterschiedlichsten Einkommensarten und den Modus ihrer Anrechnung.

 

Rz. 10

Als Einkommen der Leistungsberechtigten gilt dabei auch das Eink...

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