Rz. 311

Um die Vorteilhaftigkeit von Kapitalanlageobjekten in der Unternehmensbewertung zu errechnen, werden, wie bereits oben erwähnt (siehe Rn 304), die zukünftig prognostizierten finanziellen Überschüsse mit einem Kapitalisierungszinssatz diskontiert. Eine wesentliche Komponente des Kapitalisierungszinssatzes ist hierbei der Basiszinssatz, der eine risikolose und im Vergleich zum Zahlungsstrom des zu bewertenden Unternehmens laufzeitäquivalente Kapitalmarktanlage darstellt.[497] Die risikolose Alternativanlage darf keine wesentlichen Ausfall-, Termin- und Währungsrisiken aufweisen.[498]

 

Rz. 312

Die erwarteten Zahlungen aus der Alternativanlage müssen zudem neben Risiko hinsichtlich zeitlicher Struktur (Laufzeitäquivalenz) und Verfügbarkeit (Stichtagsprinzip) mit denen aus der Investition zu erwartenden Zahlungen äquivalent sein.[499]

 

Rz. 313

Es wird demnach der Betrag gesucht, den ein Investor zum Bewertungsstichtag in eine alternative Anlage investieren müsste, um zu einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt gleich hohe Beträge wie aus dem Bewertungsobjekt zu erzielen.[500]

 

Rz. 314

Zwar findet man in der Praxis immer noch Bewertungsfälle, in denen historische Durchschnittsrenditen verwendet werden, allerdings ist diese Herangehensweise wegen der Nichterfüllung des Stichtagsprinzips abzulehnen.

 

Rz. 315

Wenn ein Unternehmen mit zeitlich unbegrenzter Lebensdauer bewertet wird, muss vielmehr als Basiszinssatz die am Bewertungsstichtag beobachtbare Rendite aus einer Anlage in zeitlich nicht begrenzte Anleihen der öffentlichen Hand herangezogen werden.[501] In Ermangelung solcher Wertpapiere ist nach IDW-Empfehlung der Basiszinssatz ausgehend von aktuellen Zinsstrukturkurven und zeitlich darüber hinausgehender Prognosen abzuleiten.[502]

Nur bei Unternehmen mit einer zeitlich begrenzten Lebensdauer ist ein für diese Frist geltender Zinssatz heranzuziehen.[503]

 

Rz. 316

Es ist nach Empfehlung des Arbeitskreises für Unternehmensbewertung (AKU) des IDW aus Gründen der Nachvollzieh- und Objektivierbarkeit für den Basiszinssatz von einem landesüblichen Zins für Renditen von Anleihen der öffentlichen Hand basierend auf einer Zinsstrukturkurve der Bundesbank auszugehen.[504]

 

Rz. 317

Zinsstrukturkurven können aufgrund der beobachtbaren Renditen in den meisten Fällen über mindestens 30 Jahre geschätzt werden. Zur Diskontierung weiter entfernt liegender Zahlungen ist eine Annahme über den weiteren Verlauf der Zinsstrukturkurve zu treffen. In der Praxis sowie in der Theorie werden überwiegend die Parameter der Bundesbank und finanzmathematisch die Svensson-Methode dazu verwendet, die zukünftige Entwicklung der Zinsen hochzurechnen.[505]

[497] Drukarczyk, Unternehmensbewertung, S. 352.
[498] Ballwieser, Unternehmensbewertung, S. 83.
[499] Ballwieser, Unternehmensbewertung, S. 82.
[500] Obermaier, Unternehmensbewertung – Basiszinssatz und Zinsstruktur, S. 4.
[501] IDW S1, Rn 117.
[502] IDW S1, Rn 117.
[503] IDW S1, Rn 117.
[504] Klein, Handbuch Familienvermögensrecht, S. 488; IDW – Fachnachrichten, Nr. 8, 2005, S. 555, 556.
[505] Reese/Wiese, Die kapitalmarktorientierte Ermittlung des Basiszinses für die Unternehmensbewertung, S. 11; OLG Stuttgart v. 19.3.2008 – 20 W 3/06, AG 2008, 514; OLG Karlsruhe v. 16.7.2008 – 12 W16/02, AG 2009, 50.

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