Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 19.12.2005; Aktenzeichen 34 AktE 4/00 KfH)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerden und Anschlussbeschwerden wird der Beschluss der 34. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 19.12.2005 (Az. 34 AktE 4/00 KfH) teilweise abgeändert und in den Ziff. 1 bis 9 wie folgt neu gefasst:

1. Die Anträge der Antragssteller Ziff. 6 und 16 werden als unzulässig verworfen.

2. Es wird festgestellt, dass sich der Antrag der Antragsstellerin Ziff. 14 auf bare Zuzahlung erledigt hat.

3. Im Übrigen werden die Anträge auf bare Zuzahlung zurückgewiesen.

4. Der von der Antragsgegnerin angebotene Abfindungsbetrag je Aktie zu 30 EUR wird um 11,50 EUR auf 74,00 EUR erhöht.

5. Die außergerichtlichen Kosten der Antragssteller Ziff. 6, 10, 11 und 16 tragen diese selbst. Die Gerichtskosten und die übrigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt die Antragsgegnerin.

6. Der Geschäftswert erster Instanz wird auf 3.900.000 EUR festgesetzt.

II. Im Übrigen werden die Beschwerden und Anschlussbeschwerden zurückgewiesen.

III. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Antragssteller Ziff. 6, 10, 11 und 16.

IV. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.900.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten im Spruchverfahren um die Höhe der Barabfindung und über eine bare Zuzahlung an die ehemaligen Aktionäre der Campina AG, die aufgrund Beschlusses der Hauptversammlung vom 22.12.1999 in eine GmbH umgewandelt wurde. Die Antragssteller gehören zu diesen ehemaligen Aktionären der 1930 gegründeten Gesellschaft, die sich im Wesentlichen mit Herstellung und Vertrieb von Milch, Milcherzeugnissen und sonstigen Nahrungsmitteln befasst.

Das Grundkapital der Aktiengesellschaft von nominell 129.035.650 DM war eingeteilt in 2.579.598 Inhaberstammaktien und - infolge fehlender Dividendenausschüttung in den letzten Jahren mit Stimmrecht ausgestattete - 1.115 Inhabervorzugsaktien, jeweils zum Nennbetrag von 50 DM. Die Stammaktien wurden nach Einstellung des Freiverkehrhandels an der Frankfurter Börse im Jahr 1996 zuletzt im Freiverkehr an der Baden-Württembergischen Börse in Stuttgart gehandelt.

Zum 3.10.1999 hielt die Mehrheitsaktionärin Campina bv, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Campina Melkunie bv, 2.133.813 Stammaktien (ca. 82,72 %) und 1.085 Vorzugsaktien (ca. 97,31 %).

Das Umwandlungsvorhaben wurde nach Zustimmung des Aufsichtsrats der Campina AG am 8.11.1999 bekannt gemacht. Zur Vorbereitung der Umwandlung wurden in der Hauptversammlung die Vorzugsaktien in Stammaktien umgewandelt und zur Glättung des Grundkapitals sowie der Aktiennennbeträge die Erhöhung des Grundkapitals um 11.446.509,77 EUR auf 77.421.390 EUR aus Gesellschaftsmitteln durchgeführt. Damit erhielten die Aktien einen Nennbetrag von 30 EUR.

Der Umwandlungsbeschluss ist am 4.4.2000 im Handelsregister eingetragen worden. Die letzte Bekanntmachung erfolgte am 25.5.2000.

Den Aktionären, die in der Hauptversammlung Widerspruch gegen den Umwandlungsbeschluss zur Niederschrift erklärt haben, hat die Gesellschaft eine Barabfindung von 62,50 EUR für jede Aktie im Nennbetrag von 30 EUR angeboten. Dem lag ein auf der Grundlage des Bewertungsgutachtens der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ermittelter Unternehmenswert von 160.425.000 EUR und ein sich daraus ergebender anteiliger Wert je Aktie von 62,16 EUR zugrunde (Bl. 673 d.A.). Die Feststellungen im Bewertungsgutachten waren von den gerichtlich bestellten Vertragsprüfern, der Wedit Deloitte & Touche, bestätigt worden.

Die Antragssteller halten das Angebot nicht für angemessen. Darüber hinaus wird von einigen Antragsstellern die Festsetzung einer baren Zuzahlung beansprucht. Sie haben die gerichtliche Nachprüfung beantragt und im Wesentlichen vorgebracht, dass der steuerliche Sonderwert für die Verlustvorträge falsch ermittelt worden sei. Auch sei die der Berechnung der voraussichtlichen Erträge zugrunde gelegte Planung zu vorsichtig und für Abfindungszwecke gesteuert worden. Die Gesellschaft und ihre Mehrheitsaktionäre hätten vor der Strukturmaßnahme für Aktien wesentlich höhere Preise bezahlt. Dabei habe es sich um stimmrechtslose Vorzugsaktien gehandelt, die überhaupt nicht zum Handel an der Börse zugelassen waren und somit einen geringeren Wert gehabt hätten. In der Vergangenheit seien unzulässige Strukturveränderungen zugunsten der Mehrheitsaktionärin durchgeführt worden. Weiter wenden sie sich gegen den in Ansatz gebrachten Kapitalisierungszinssatz - Basiszins, Risikozuschlag, Wachstumsabschlag und typisierte Einkommenssteuer der Anteilseigner seien nicht korrekt bestimmt worden.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten in erster Instanz wird ergänzend auf den angefochtenen Beschluss vom 19.12.2005 (Bl. 434 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das LG hat das schriftliche Gutachtens des Sachverständigen Dr. Maul vom 16.7.2004 (Bl. 26...

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