Rz. 91

Bestimmungen zur Berechnung des Gegenstandswertes und der Wertfestsetzung finden sich in den §§ 22 bis 33 RVG (4. Abschnitt des Gesetzesteils im RVG). Eine für Familiensachen wichtige Wertbestimmung ist in § 23a RVG enthalten, der die Wertberechnung in Verfahren über die PKH/VKH regelt.

 

§ 23a Gegenstandswert im Verfahren über die Prozesskostenhilfe

(1) Im Verfahren über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe oder die Aufhebung der Bewilligung nach § 124 Nummer 1 der Zivilprozessordnung bestimmt sich der Gegenstandswert nach dem für die Hauptsache maßgebenden Wert; im Übrigen ist er nach dem Kosteninteresse nach billigem Ermessen zu bestimmen

(2) Der Wert nach Absatz 1 und der Wert für das Verfahren, für das die Prozesskostenhilfe beantragt worden ist, werden nicht zusammengerechnet.”

I. Addition mehrerer Gegenstände

 

Rz. 92

§ 22 Abs. 1 RVG behandelt den Grundsatz, dass in derselben Angelegenheit mehrere Gegenstände zusammengerechnet werden.

 

Rz. 93

 

Beispiel

Es wird ein Unterhaltsantrag eingereicht. In diesem Schriftsatz werden verschiedene Anträge gestellt:

1. Zahlung von Unterhalt für die Ehegattin
2. Zahlung von Unterhalt für das Kind

Hier treffen in derselben Angelegenheit mehrere Gegenstände aufeinander. Die Werte (Ehegattenunterhalt und Kindesunterhalt) sind zu addieren. § 22 Abs. 1 RVG ist beim Gegenstandswert in der Anwaltsrechnung zu zitieren. Eine Erhöhung kann nicht berechnet werden, vgl. Anm. Abs. 1 zu Nr. 1008 VV RVG.

 

Rz. 94

Gleiches gilt für die Gerichtskosten gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG; hier werden in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug die Werte mehrerer Verfahrensgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend, siehe dazu § 33 Abs. 1 S. 2 FamGKG.

 

Rz. 95

 

Beispiel

Es wird ein Antrag auf Vaterschaftsfeststellung verbunden mit einem Unterhaltsantrag für das Kind, für das die Vaterschaft festgestellt werden soll, beim zuständigen Familiengericht eingereicht:

1. Vaterschaftsfeststellung (nicht vermögensrechtlicher Anspruch)
2. Zahlung von Unterhalt für das Kind (aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch)

Der Wert für die Vaterschaftsstellung beträgt gem. § 47 FamGKG 2.000,00 EUR. Der Wert für den Unterhaltsantrag berechnet sich nach dem für die ersten zwölf Monate nach Antragseinreichung geforderten Beträge zzgl. fälliger Unterhaltsbeträge gem. § 51 Abs. 1 u. 2 FamGKG. In diesem verbundenen Verfahren werden daher die jeweiligen Werte ermittelt. Es gilt dann jedoch nur einer der Werte, der höhere.[58]

 

Rz. 96

 

Praxistipp

Sofern es einen sachlich rechtfertigenden Grund gibt, die Verfahren zu verbinden, dürfen die Kostenerwägungen nicht dazu verleiten, die Verfahren zu vereinzeln und auf diese Weise zu einer adäquaten Vergütung zu gelangen. Hier sollte vielmehr frühzeitig an eine Vergütungsvereinbarung gedacht werden.

[58] OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 1.7.2014 – 5 WF 144/14, BeckRS 2014, 14162.

II. Wertbegrenzung

 

Rz. 97

In § 22 Abs. 2 RVG ist eine Gegenstandswertbegrenzung auf 30 Mio. EUR enthalten, die für alle Fälle gilt, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Sind in derselben Angelegenheit mehrere Personen Auftraggeber wegen verschiedener Gegenstände, beträgt der Wert für jede Person höchstens 30 Mio. EUR, insgesamt jedoch nicht mehr als 100 Mio. EUR.[59]

 

Rz. 98

Die Wertbegrenzung in § 22 Abs. 2 RVG entspricht der Wertbegrenzung in § 33 Abs. 2 FamGKG, wobei im GKG der Wert von 30 Mio. EUR als Höchstgrenze gilt, unabhängig von der Anzahl der Auftraggeber.

 

Rz. 99

Diese Wertgrenze spielt bei Ehe- und Lebenspartnerschaftssachen keine Rolle, da der Gegenstandswert hier aufgrund des § 43 FamGKG ohnehin auf max. 1 Mio. EUR beschränkt ist. Auch wenn mit einem Familienrechtsmandat oft ein Erbrechtsmandat einhergeht oder bei sehr reichen Auftraggebern ein Zugewinnausgleichsverfahren durchzuführen ist, wird die Wertgrenze von 30 Mio. EUR hier wohl eher selten erreicht werden.

[59] Diese Regelung ist nach Ansicht des BVerfG auch nicht verfassungswidrig: BVerfG NJW 2007, 2098.

III. Verweis auf das FamGKG

 

Rz. 100

Der Gegenstandswert für die Berechnung der Anwaltsvergütung richtet sich grundsätzlich zunächst einmal nach dem RVG. Bestimmungen zur Berechnung des Gegenstandswertes und der Wertfestsetzung im RVG finden sich in den §§ 22 bis 33 RVG.

 

Rz. 101

§ 23a RVG regelt die Wertberechnung für Prozesskostenhilfeverfahren (Verfahrenskostenhilfe-Prüfungs- oder auch –Bewilligungs- und –Aufhebungsverfahren), siehe dazu Rdn 76 oben.

 

Rz. 102

Soweit im RVG keine Bestimmung getroffen ist, gelten über § 23 Abs. 1 S. 1 RVG für eine gerichtliche Tätigkeit oder eine Tätigkeit, die gerichtlich sein könnte, die für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Somit gilt für gerichtliche Verfahren in Familiensachen über diese Verweisungsvorschrift das FamGKG. In Verfahren, in denen Kosten nach dem GKG oder FamGKG erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend an...

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