Rz. 23

War der Anwalt in jedem Verfahren schon vor Verbindung bestellt, erstreckt sich die Rückwirkung des § 48 Abs. 6 S. 1 RVG in jedem Verfahren auch auf die jeweilige Tätigkeit im vorbereitenden Verfahren.[4]

 

Beispiel 12: Verbindung zweier Ermittlungsverfahren, Pflichtverteidigerbestellung in allen Verfahren vor Verbindung

Gegen den Mandanten wird wegen des Verdachts eines Betruges (Az. 1/22) und wegen des Verdachts eines Diebstahls (Az. 2/22) zunächst getrennt ermittelt. Später werden beide Taten angeklagt. Der bereits in beiden Ermittlungsverfahren als Wahlanwalt tätige Verteidiger wird in beiden Verfahren als Pflichtverteidiger bestellt. Anschließend werden beide Verfahren verbunden (führend ist das Verfahren 2/22). Es findet hiernach die Hauptverhandlung statt, in der das Urteil gesprochen wird.

Bis zur Verbindung entstehen die Gebühren getrennt, also jeweils eine Grundgebühr und eine Verfahrensgebühr im Ermittlungsverfahren sowie eine Verfahrensgebühr im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren. Die Terminsgebühr entsteht nach Verbindung nur einmal. Die Bestellung wirkt in beiden Verfahren nach § 48 Abs. 6 S. 1 RVG auf das jeweilige Ermittlungsverfahren zurück. Der Anwalt erhält also die gesamte Vergütung aus der Landeskasse.

 
I. Verfahren 1/22
a) Vorbereitendes Verfahren
1. Grundgebühr, Nr. 4100 VV   176,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 4104 VV   145,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 341,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   64,79 EUR
Gesamt   405,79 EUR
b) Erstinstanzliches gerichtliches Verfahren
1. Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV   145,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 165,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   31,35 EUR
Gesamt   196,35 EUR
II. Verfahren 2/22
a) Vorbereitendes Verfahren
1. Grundgebühr, Nr. 4100 VV   176,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 4104 VV   145,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 341,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   64,79 EUR
Gesamt   405,79 EUR
b) Erstinstanzliches gerichtliches Verfahren
1. Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV   145,00 EUR
2. Terminsgebühr, Nr. 4108 VV   242,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 407,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   77,33 EUR
Gesamt   484,33 EUR
[4] OLG Hamm AGS 2005, 437 = RVGreport 2005, 273.

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