(1) Rechtsnachteile beim Versicherten

 

Rz. 1620

Dem verletzten Versicherten drohen keine Rechtsnachteile für den Fall, dass der RVT wegen des Beitragsausfalles gegen den Ersatzpflichtigen nicht oder nur unzureichend vorgeht.

 

Rz. 1621

Lässt der RVT den Regressanspruch gegenüber dem Haftpflichtigen verjähren (siehe dazu auch Rn 1571; § 14 Rn 107), berührt dieses nicht den Anspruch des unmittelbar Verletzten gegenüber dem RVT auf ordnungsgemäße Weiterführung seines Rentenkontos entsprechend derjenigen fiktiven Werte, wie sie ohne den Verjährungseinwand eingestellt worden wären.

(2) § 119 SGB X

 

Rz. 1622

§ 119 SGB X enthält keine Regelung darüber, welche Konsequenzen die Unterlassung eines vom Versicherten für geboten gehaltenen Beitragsregresses hat, falls zu niedrige Beiträge regressiert wurden.[1030] In Betracht kommt, den Versicherten (= geschädigte Person) u.a. im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als seien übergegangene Ansprüche auf Ersatz des Beitragsschadens erfolgreich vom RVT gegenüber dem ersatzpflichtigen Schädiger (bzw. dessen Haftpflichtversicherung) geltend gemacht worden. Ferner ist an einen Amtshaftungsanspruch zu denken.[1031]

(3) Amtshaftung, § 839 BGB

 

Rz. 1623

Kommt der RVT seinen Aufgaben (Regress und Anlage des regressierten Geldes; sozialrechtliche Pflicht zum Einzug und zweckentsprechender Verwendung der Beiträge) nicht ordnungsgemäß nach, dürfen dem verletzten Versicherten keine Rechtsnachteile entstehen. Der RVT haftet insbesondere im Falle einer unzureichenden Geltendmachung des Beitragsregresses bei subjektiv vorwerfbarem Verhalten nach Maßgabe der § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG (Amtshaftungsanspruch).[1032]

 

Rz. 1624

Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch und der Folgenbeseitigungsanspruch des allgemeinen Verwaltungsrechts sind dabei keine Rechtsmittel i.S.v. § 839 III BGB.[1033]

 

Rz. 1625

Nach Auffassung des LSG Baden-Württemberg[1034] hat, wenn der RVT Ersatzansprüche aus § 119 SGB X hat verjähren lassen und der Geschädigte deshalb eine geringere Altersrente erhält, dieser gegen den RVT keinen Herstellungsanspruch. Nachdem der BGH[1035] eine Amtshaftungsklage nicht deshalb ausgeschlossen für ausgeschlossen hält, weil ein etwaig gegebener Herstellungsanspruch vom Geschädigten nicht geltend gemacht worden ist, verbleibt einem Geschädigten nach Auffassung des LSG letztlich nur der Amtshaftungsanspruch gegen den RVT.

[1032] BGH v. 4.7.2013 – III ZR 201/12 – NJW 2013, 3237 (Unterlässt der RVT amtspflichtwidrig, den auf sie gem. § 119 SGB X übergegangenen Schadensersatzanspruch gegen den Ersatzpflichtigen zu verfolgen, kommen Schadenersatzansprüche nach § 839 I 1 BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG in Betracht. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch und der Folgenbeseitigungsanspruch des allgemeinen Verwaltungsrechts sind keine Rechtsmittel i.S.d. § 839 III BGB.); LSG Rheinland-Pfalz v. 11.1.2012 – L 4 R 266/11 – NZS 2012, 510 (nur Ls.). Offengelassen in LSG Nordrhein-Westfalen v. 17.6.2005 – L 13 RA 44/04 – Breith 2005, 939. Siehe auch Wussow-Zoll, Kap. 32 Rn 113.
[1033] BGH v. 4.7.2013 – III ZR 201/12 – BeckRS 2013, 12249 = BGHZ 197, 375 = DAR 2013, 705 = DÖV 2014, 839 = MDR 2013, 1030 = NJW 2013, 3237 = NZS 2013, 826.
[1034] LSG Baden-Württemberg v. 30.1.2014 – L 7 R 4417/11 – BeckRS 2014, 66327 = juris.
[1035] BGH v. 4.7.2013 – III ZR 201/12 – BeckRS 2013, 12249 = BGHZ 197, 375 = DAR 2013, 705 = DÖV 2014, 839 = MDR 2013, 1030 = NJW 2013, 3237 = NZS 2013, 826.

(4) pVV des Treuhandverhältnis

 

Rz. 1626

Kommt der RVT seinen Aufgaben als Treuhänder nicht ordnungsgemäß nach (weil er z.B. den Beitragsregress nach § 119 SGB X gar nicht bzw. nur unzureichend verfolgt oder ihn verjähren lässt), steht dem verletzten Versicherten ein (ausschließlich gegenüber dem RVT) vor den Sozialgerichten (§ 51 SGG)[1036] geltend zu machender Schadenersatzanspruch (Anspruchsgrundlage: pVV des Sozialleistungsverhältnisses, sozialrechtlicher Herstellungsanspruch[1037]) zu,[1038] der auf ordnungsgemäße Gestaltung seines Rentenkontos (entsprechend den fiktiven Werten, wie sie bei ordnungsgemäßem Regress eingestellt worden wären) gerichtet ist.[1039]

 

Rz. 1627

Hat der RVT den Beitragsregress nicht in demjenigen Umfang durchgeführt, in welchem der Geschädigte den Anspruch ohne den gesetzlichen Anspruchsübergang selber hätte realisieren können, muss der Versicherungsträger den Versicherten – aus eigenen Mitteln – so stellen, als ob er die entsprechenden Beiträge eingezogen und dem Versicherungskonto des Versicherten gutgeschrieben hätte.[1040]

[1036] LSG Nordrhein-Westfalen v. 17.1.2003 – L 13 RJ 3/99 – BeckRS 2007, 46665 = juris; LSG Rheinland-Pfalz v. 11.1.2012 – L 4 R 266/11 – NZS 2012, 510 (nur Ls.) (Dem RVT wird kraft öffentlichen Rechts in § 119 I 1 SGB X ein zivilrechtlicher...

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