Rz. 219

Lebt der Unterhaltsberechtigte mit einem neuen Partner zusammen, entfällt die Bedürftigkeit nicht ohne weiteres.

Führt der Unterhaltsberechtigte allerdings seinem neuen Partner den Haushalt oder erbringt er sonstige Versorgungsleistungen, so können die von diesem erbrachten Gegenleistungen nicht mehr als unentgeltlich beurteilt werden, sondern müssen vielmehr als Vergütung für die erbrachte Versorgung angesehen werden.[242]

 

Hinweis

Der Wert der Versorgungsleistungen, die ein unterhaltsberechtigter Ehegatte während der Trennungszeit oder nach rechtskräftiger Scheidung für einen Lebenspartner erbringt, tritt nach Auffassung des BGH als Surrogat an die Stelle einer Haushaltsführung während der Ehezeit und ist deswegen im Wege der Differenzmethode in die Berechnung des Unterhalts einzubeziehen.[243]

 

Rz. 220

Eine Einbeziehung ist aber nur möglich, wenn der Partner leistungsfähig ist, die Leistungen ausreichend zu vergüten.[244]

Kann wegen Leistungsunfähigkeit des Partners oder mangels konkreter Angaben keine bzw. nur eine geringe Vergütung angesetzt werden, kann der Bedarf des Berechtigten auch dadurch geringer werden, dass er sich Ersparnis bei der Haushaltsführung durch das gemeinsame Wirtschaften mit dem Partner anrechnen lassen muss. Diese werden von der Rechtsprechung regelmäßig mit 20 bis 25 % der Lebenshaltungskosten angesetzt.[245] Bei entsprechenden Einkünften wird es zutreffend sein, eine Ersparnis von 10 % für jeden der Partner anzunehmen.

Ihre Grenze findet die Herabsetzung allerdings in der Herabsetzung bis auf das Existenzminimum nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen.[246]

 

Rz. 221

 

Hinweis

Die Leitlinien einiger Oberlandesgerichte bestimmen die Höhe des Versorgungsentgeltes, dass sich der Unterhaltsberechtigte möglicherweise fiktiv zurechnen lassen muss, soweit dieser leistungsfähig ist. Als anrechenbares Versorgungsentgelt beim nicht erwerbstätigen Unterhaltsberechtigten sind folgende Beträge vorgesehen:[247]

200 bis 550 EUR (Süddeutsche Leitlinien, KG, OLG Dresden, OLG Köln und OLG Rostock;
250 bis 500 EUR (OLG Hamm);
200 bis 500 EUR (OLG Bremen);
300 bis 500 EUR (OLG Düsseldorf; Saarländisches OLG);
350 EUR (OLG Koblenz);
450 EUR (OLG Frankfurt/M., OLG Jena);
500 EUR (OLG Oldenburg);
keine Regelung zur Höhe des Versorgungsentgeltes (OLG Brandenburg, OLG Braunschweig, OLG Celle, OLG Hamburg, OLG Naumburg und OLG Schleswig)
 

Rz. 222

Von dieser Frage zu unterscheiden ist die Problematik, ob in solchen Fällen die Inanspruchnahme des Verpflichteten ganz oder teilweise grob unbillig wäre (§§ 1361 III, 1579 Nr. 6 und 7 BGB). Erforderlich ist danach das Vorliegen eines speziellen Härtegrundes im Sinne des § 1579 BGB.[248]

[242] BGH FamRZ 1989, 487, 488; dazu ausführlich Wohlgemuth, FamRZ 2003, 983; bestätigt durch BGH FamRZ 2004, 1170 und BGH FamRZ 2004, 1173 mit Anm. Born, FamRZ 2004, 1175 und Gerhard, FamRZ 2004, 1545.
[243] BGH FamRZ 2004, 1170 und FamRZ 2004, 1173 unter Aufhebung des Urteils des OLG Oldenburg FamRZ 2002, 1488; Soyka, FK 2004, 131.
[244] BGH FamRZ 1989, 487 und FamRZ 1987, 1011 ff.; Büttner, FamRZ 1996, 136 f.; Oelkers, FamRZ 1996, 263 ff.
[245] BGH FamRZ 1995, 344 ff., 346; bei Zusammenleben mit einem Arbeitslosen max. 10 % Ersparnis, so OLG Dresden FamRZ 2007, 1476; ausführlich Weinreich/Klein/Eder, § 1577 Rn 34 f.
[246] BGH FamRZ 2008, 594; Soyka, FK 2008, 73 f.
[247] Vgl. jeweils Zif. 6 der Leitlinien.
[248] Zur umfangreichen Rechtsprechung vgl. BGH FamRZ 1995, 344, ausführlich Wendl/Dose/Gerhardt, § 4 Rn 712 ff.

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