Leitsatz (amtlich)

Der Wert der Versorgungsleistungen, die ein unterhaltsberechtigter Ehegatte während der Trennungszeit für einen neuen Lebenspartner erbringt, tritt als Surrogat an die Stelle einer Haushaltsführung während der Ehezeit und ist deswegen im Wege der Differenzmethode in die Berechnung des Trennungsunterhalts einzubeziehen (im Anschluss an BGH, Urt. v. 13.6.2001 - XII ZR 343/99, MDR 2001, 991 = BGHReport 2001, 549 = FamRZ 2001, 105; v. 5.9.2001 - XII ZR 336/99, BGHReport 2001, 962 = FamRZ 2001, 1693).

 

Normenkette

BGB § 1361 Abs. 1, § 1578

 

Verfahrensgang

OLG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 03.12.2002; Aktenzeichen 12 UF 84/02)

AG Lingen (Urteil vom 19.06.2002)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats - 4. Senat für Familiensachen - des OLG Oldenburg v. 3.12.2002 teilweise aufgehoben.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des AG - FamG - Lingen v. 19.6.2002 unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin monatlichen Trennungsunterhalt i.H.v. 400 EUR für die Zeit von September bis Dezember 2001, i.H.v. 286 EUR für die Zeit von Januar bis Juli 2002 und i.H.v. 386 EUR für die Zeit ab August 2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz hat die Klägerin 2/3 und der Beklagte 1/3 zu tragen. Von den Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz trägt die Klägerin 1/7 und der Beklagte 6/7. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien, deren Ehe durch Urteil des AG - FamG - Rheine v. 26.3.2004 geschieden worden ist, streiten um Trennungsunterhalt für die Zeit ab September 2001.

Der Beklagte verfügte im Jahre 2001 nach Abzug der Verbindlichkeiten für das Einfamilienhaus der Parteien und des mit Jugendamtsurkunde anerkannten Unterhalts für die 1991 geborenen Kinder Svenja und Torben über ein anrechenbares monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 4.100 DM. Durch den Wegfall von Provisionszahlungen und den Wechsel der Steuerklasse ist das anrechenbare Einkommen für die Zeit von Januar bis Juli 2002 auf monatlich 1.600 EUR und für die Zeit ab August 2002 auf monatlich 1.350 EUR gesunken. Die Klägerin erzielte aus einer geringfügigen Erwerbstätigkeit monatliche anrechenbare Einkünfte i.H.v. 300 DM im Jahre 2001 und von 150 EUR in der Zeit von Januar bis Juli 2002. Seit der Trennung im März 2001 lebte sie mit den beiden Kindern zunächst mietfrei in dem Einfamilienhaus der Parteien und seit August 2002 in einer gemeinsamen Wohnung mit ihrem neuen Lebensgefährten W. Der Wert des mietfreien Wohnens belief sich im Jahre 2001 auf monatlich 500 DM und in der Zeit von Januar bis Juli 2002 auf monatlich 250 EUR.

Das AG hat die u.a. auf monatlichen Trennungsunterhalt i.H.v. 1.064 DM für die Zeit bis April 2002 und von 1.192 DM für die Zeit ab Mai 2002 gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG den Beklagten verurteilt, an sie monatlichen Trennungsunterhalt i.H.v. 375 EUR für die Zeit von September bis Dezember 2001, i.H.v. 175 EUR für die Zeit von Januar bis Juli 2002 und i.H.v. 125 EUR für die Zeit ab August 2002 zu zahlen. Mit ihrer zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre zweitinstanzlichen Anträge in eingeschränktem Umfang weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat in vollem Umfang Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht, das die Revision wegen der Bewertung der Versorgungsleistungen für den neuen Lebenspartner im Wege der Anrechnungsmethode zugelassen hat, geht davon aus, dass die für die Bemessung des Trennungsunterhalts maßgeblichen ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien ausschließlich durch tatsächlich erzielte Einkünfte geprägt worden seien. Als solche seien zwar auch Erwerbseinkünfte zu berücksichtigen, die sich als Surrogat der früheren Haushaltstätigkeit darstellen; der Wert von Versorgungsleistungen ggü. neuen Lebenspartnern könne die ehelichen Lebensverhältnisse nachträglich aber nicht beeinflussen, weil eine Gegenleistung nur auf Billigkeitserwägungen beruhe, auf sie keinerlei Rechtsanspruch bestehe und auch die Bewertung eine Gleichsetzung mit Erwerbseinkünften ausschließe. Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien könnten naturgemäß nicht durch Versorgungsleistungen ggü. einem neuen Lebenspartner geprägt werden, weil diese trennungsbedingt und sogar ehezerstörend seien. Solche Versorgungsleistungen seien untrennbar mit der persönlichen Beziehung verbunden und deswegen kein Surrogat der während der Ehe erbrachten Haushaltstätigkeit. Das gelte auch deswegen, weil der Ansatz von Einkünften aus Versorgungsleistungen von der Leistungsfähigkeit des Lebenspartners abhänge, die im prägenden Zeitpunkt noch ungewiss sei. Weil die Berücksichtigung der Haushaltstätigkeit ohnehin nur auf Billigkeit beruhe, sei nicht einzusehen, dem unterhaltspflichtigen Ehegatten den Wegfall dieser Leistungen nicht ebenfalls zuzurechen. Dem werde es am besten gerecht, wenn die Vorteile aus der Haushaltsführung für einen neuen Lebenspartner im Wege der Anrechnungsmethode vom sonst errechneten Unterhaltsbedarf abgesetzt würden.

II.

Das hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.

1. Der BGH hat im Jahre 2001 - unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung - entschieden, dass die ehelichen Lebensverhältnisse nach § 1578 BGB nicht nur durch die Bareinkünfte des erwerbstätigen Ehegatten, sondern auch durch die Leistungen des anderen Ehegatten im Haushalt mitbestimmt werden und hierdurch eine Verbesserung erfahren. Denn die ehelichen Lebensverhältnisse umfassen alles, was während der Ehe für den Lebenszuschnitt der Ehegatten nicht nur vorübergehend tatsächlich von Bedeutung ist, mithin auch den durch die häusliche Mitarbeit des nicht erwerbstätigen Ehegatten erreichten sozialen Standard (BGH v. 13.6.2001 - XII ZR 343/99, BGHZ 148, 105 [115 f.] = MDR 2001, 991 = BGHReport 2001, 549 = FamRZ 2001, 986 [989]). Entsprechend orientiert sich auch die Teilhabequote an der Gleichwertigkeit der beiderseits erbrachten Leistungen, so dass beide Ehegatten hälftig an dem durch Erwerbseinkommen einerseits, Haushaltsführung andererseits geprägten ehelichen Lebensstandard teilhaben. Nimmt der haushaltsführende Ehegatte nach der Scheidung eine Erwerbstätigkeit auf oder erweitert er sie über den bisherigen Umfang hinaus, so kann sie als Surrogat für seine bisherige Familienarbeit angesehen werden, weil sich der Wert seiner Haushaltstätigkeit dann, von Ausnahmen einer ungewöhnlichen, vom Normalverlauf erheblich abweichenden Karriereentwicklung abgesehen, in dem daraus erzielten oder erzielbaren Einkommen widerspiegelt. Wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach der Scheidung solche Einkünfte erzielt oder erzielen kann, die gleichsam als Surrogat des wirtschaftlichen Wertes seiner bisherigen Tätigkeit angesehen werden können, ist dieses Einkommen nach der Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen (BGH v. 13.6.2001 - XII ZR 343/99, BGHZ 148, 105 [120 f.] = MDR 2001, 991 = BGHReport 2001, 549 = FamRZ 2001, 986 [989]). Diese Rechtsprechung hat das BVerfG ausdrücklich gebilligt. Danach entspricht es dem gleichen Recht und der gleichen Verantwortung bei der Ausgestaltung des Ehe- und Familienlebens, auch die Leistungen, die jeweils im Rahmen der gemeinsamen Arbeits- und Aufgabenzuweisung erbracht werden, als gleichwertig anzusehen. Deshalb sind die von den Ehegatten für die eheliche Gemeinschaft jeweils erbrachten Leistungen unabhängig von ihrer ökonomischen Bewertung gleichgewichtig. Auch der zeitweilige Verzicht eines Ehegatten auf Erwerbstätigkeit, um die Haushaltsführung oder die Kindererziehung zu übernehmen, prägt ebenso die ehelichen Verhältnisse, wie die vorher ausgeübte Berufstätigkeit und die danach wieder aufgenommene oder angestrebte Erwerbstätigkeit (BVerfG v. 5.2.2002 - 1 BvR 105/95, BVerfGE 105, 1 [11 f.] = FamRZ 2002, 527 [529]).

Diese Rechtsprechung hat der Senat auch auf die Behandlung des Wertes von Versorgungsleistungen ggü. einem neuen Lebenspartner erstreckt. Grundsätzlich sind auch solche geldwerten Versorgungsleistungen als Surrogat der früheren Haushaltstätigkeit in der Familie anzusehen. Denn sie sind insoweit nicht anders zu beurteilen, als wenn die Klägerin eine bezahlte Tätigkeit als Haushälterin bei Dritten annähme. Auf die Frage, ob es sich dabei um Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit im eigentlichen Sinne handelt, kommt es wegen des Surrogatcharakters ggü. der früheren Haushaltstätigkeit nicht an (BGH, Urt. v. 5.9.2001 - XII ZR 336/99, BGHReport 2001, 962 = FamRZ 2001, 1693 [1694]).

Dem hat sich die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur angeschlossen (vgl. Göppinger/Wax/Bäumel, Unterhaltsrecht, 8. Aufl. 2003, Rz. 1013; Weinreich/Klein, Kompaktkommentar Familienrecht, 2002, § 1578 Rz. 32; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 8. Aufl. 2002, Rz. 442, 488 ff.; Bamberger/Roth, Bürgerliches Gesetzbuch, 2003, § 1577 Rz. 10 ff.; zunächst auch noch Gerhardt/von Heintschel/Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 4. Aufl. 2002, 6. Kap. Rz. 259, 283b; Born, FamRZ 2002, 1603 [1607 ff.]; Büttner, FamRZ 2003, 641 [642 ff.]; Borth, FamRZ 2001, 1653 [1656]; Schwolow, FuR 2003, 118. Auch die Arbeitskreise 1 und 13 des 14. Deutschen Familiengerichtstages DFGT 2001 und der von Büttner geleitete Arbeitskreis 13 des 15. DFGT 2003 - vgl. insoweit FamRZ 2003, 1906 [1907] - haben sich für die Berücksichtigung von Versorgungsleistungen ggü. einem neuen Lebenspartner im Wege der Differenzmethode ausgesprochen. Anderer Auffassung sind: OLG München FuR 2003, 329; Rauscher, FuR 2002, 337; nunmehr auch Gerhardt, FamRZ 2003, 272 [274]; Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 6. Aufl. 2004, § 4 Rz. 231a, 260a ff.; zweifelnd Scholz, FamRZ 2003, 265 [270]; Wohlgemuth, FamRZ 2003, 983; Schnitzler, FF 2003, 42).

2. Auch nach erneuter Prüfung hält der Senat an seiner Auffassung fest, dass Versorgungsleistungen gegenüber einem neuen Lebenspartner als Surrogat an die Stelle einer früheren Haushaltstätigkeit treten können. Die gegen die Anwendung der Differenzmethode auch auf Fälle wie den vorliegenden vorgebrachten Argumente beruhen auf einem unzutreffenden Verständnis der Rechtsprechung des BVerfG und des BGH.

a) Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts wird im Ergebnis den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gerecht. Dem durch die Verfassung geschützten gleichen Recht und der gleichen Verantwortung der Ehegatten bei der Ausgestaltung des Ehe- und Familienlebens entspricht es, die Leistungen, die jeweils im Rahmen der gemeinsamen Arbeits- und Aufgabenzuweisung erbracht werden, als gleichwertig anzusehen. Sowohl die Kinderbetreuung als auch die Haushaltsführung haben für das gemeinsame Leben keinen geringeren Wert als die dem Haushalt zur Verfügung stehenden Einkünfte und prägen in gleicher Weise die ehelichen Lebensverhältnisse, indem sie zum Familienunterhalt beitragen. Allerdings bemisst sich die Gleichwertigkeit der jeweiligen Beiträge der Ehegatten nicht rechnerisch an der Höhe des Erwerbseinkommens oder am wirtschaftlichen Wert der Familienarbeit und ihrem Umfang. Vielmehr sind die von den Ehegatten für die eheliche Gemeinschaft jeweils erbrachten Leistungen unabhängig von ihrer ökonomischen Bewertung gleichgewichtig. Daraus folgt der Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten nicht nur während der Ehe, sondern auch nach Trennung und Scheidung (BVerfG v. 5.2.2002 - 1 BvR 105/95, BVerfGE 105, 1 [11 f.] = FamRZ 2002, 527 [529]). Der verfassungsrechtliche Schutz setzt deswegen nicht an einem während der Ehezeit angelegten tatsächlichen Entgelt an, sondern er beruht auf der gleichgewichtigen Bewertung der Haushaltsführung und der Kinderbetreuung. Die Teilhabequote orientiert sich mithin an der Gleichwertigkeit der beiderseits erbrachten Leistungen, sodass beide Ehegatten hälftig an dem durch Erwerbseinkommen einerseits und Haushaltsführung andererseits geprägten ehelichen Lebensstandard teilhaben. Zweifelhaft ist deswegen nicht etwa, ob die Haushaltstätigkeit die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien geprägt hat, sondern lediglich, in welchem Umfang dieses geschehen ist. Spätere Einkünfte, sei es als Entgelt aus einer (fiktiven) Erwerbstätigkeit oder sei es aus Versorgungsleistungen in einer neuen Lebensgemeinschaft, dienen deshalb - von besonders gelagerten Ausnahmefällen abgesehen - lediglich als Richtwert für die Bemessung der Haushaltstätigkeit (und/oder der Kindererziehung) während der Ehezeit, indem sie als deren Surrogat an ihre Stelle treten (BGH v. 13.6.2001 - XII ZR 343/99, BGHZ 148, 105 [120] = MDR 2001, 991 = BGHReport 2001, 549 = FamRZ 2001, 986 [989]). Der Einwand, die Versorgungsleistungen für den neuen Partner könnten die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt haben, geht daher ins Leere. Deshalb kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht darauf an, dass der Wechsel des Lebenspartners trennungsbedingt oder gar ehezerstörend ist und ob solche Versorgungsleistungen untrennbar mit der persönlichen Beziehung verbunden sind.

Von unvorhergesehenen Entwicklungen abgesehen führt die prägende Haushaltstätigkeit oder Kindererziehung deswegen dazu, dass neu zu berücksichtigende Einkünfte regelmäßig als Surrogat an deren Stelle treten und damit auch den Bedarf des Unterhaltsberechtigten erhöhen. Umgekehrt kommt eine Erhöhung des Unterhaltsbedarfs wegen Haushaltstätigkeit oder Kindererziehung nicht in Betracht, wenn dem Unterhaltsberechtigten auch nach der Ehezeit keine eigenen Einkünfte zugerechnet werden können. Solange daher dem haushaltsführenden Ehegatten nach Trennung bzw. Scheidung z.B. wegen Kindererziehung, Krankheit oder Alters keine eigenen Einkünfte zugerechnet werden können, verbleibt es bei der Aufteilung des real zur Verfügung stehenden eheprägenden Einkommens. Denn da die lebensstandarderhöhende Haushaltstätigkeit mit der Scheidung weggefallen und kein an deren Stelle tretendes Ersatzeinkommen vorhanden ist, müssen beide Ehegatten in gleicher Weise die trennungsbedingte Verschlechterung ihrer ehelichen Lebensverhältnisse hinnehmen. Erzielt hingegen der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach der Scheidung ein Einkommen oder ist er in der Lage, ein solches zu erzielen oder sind ihm sonst eigene Einkünfte zuzurechnen, die gleichsam als Surrogat des wirtschaftlichen Wertes seiner bisherigen Tätigkeit angesehen werden können, ist dieses Einkommen nach der Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen. Für die Qualifizierung eines später zu berücksichtigenden Einkommens als Surrogat der während der Ehezeit übernommenen Haushaltstätigkeit kommt es nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BGH nicht darauf an, ob der Unterhaltsberechtigte das Entgelt tatsächlich bezieht oder ob ihm sonst Einkünfte zuzurechnen sind.

b) Das Berufungsgericht meint, der Wert von Versorgungsleistungen für einen neuen Lebenspartner könne auch deswegen nicht als Surrogat der früheren Haushaltstätigkeit angesehen werden, weil er von der Leistungsfähigkeit des Lebenspartners abhänge und deswegen nicht hinreichend bestimmt sei. Das überzeugt schon deshalb nicht, weil die für die Bedarfsbemessung nach § 1361 Abs. 1 S. 1 BGB maßgebenden Umstände auch sonst keine die früheren ehelichen Lebensverhältnisse unverändert fortschreibende Lebensstandardgarantie begründen. Selbst ein nachehelicher Einkommensrückgang, der während bestehender Ehe noch nicht absehbar war, auf den sich die Ehegatten aber auch bei fortbestehender Ehe hätten einrichten müssen, prägt und verändert damit die ehelichen Lebensverhältnisse (BGH v. 29.1.2003 - XII ZR 92/01, MDR 2003, 695 = BGHReport 2003, 536 = FamRZ 2003, 590 [592]). Außerdem prägt die Haushaltstätigkeit die ehelichen Lebensverhältnisse nach der vom Senat angewandten Surrogatmethode grundsätzlich erst durch den Wert des an ihre Stelle getretenen Surrogats. Auch wenn ein Erwerbseinkommen an die Stelle der früheren Haushaltstätigkeit tritt, lassen sich die ehelichen Lebensverhältnisse erst später durch dessen Umfang beziffern (BGH v. 13.6.2001 - XII ZR 343/99, BGHZ 148, 105 [120 f.] = MDR 2001, 991 = BGHReport 2001, 549 = FamRZ 2001, 986 [989]).

c) Indem das Berufungsgericht darauf hinweist, die Berücksichtigung der Versorgungsleistungen in neuer Lebensgemeinschaft beruhe ohnehin nur auf Billigkeit, wobei nicht einzusehen sei, dem unterhaltspflichtigen Ehegatten den Wegfall der erbrachten Leistungen während der Ehezeit nicht auch über einen trennungsbedingten Mehrbedarf zuzurechnen, übersieht es, dass gerade die Anwendung der Differenzmethode zu einem hälftigen Ausgleich der vom Unterhaltsberechtigten während der Ehezeit übernommenen Haushaltstätigkeit führt. Danach verbleibt auch dem Unterhaltspflichtigen neben dem ihm schon während der Ehezeit zur Verfügung stehenden Anteil des Bareinkommens zwar nicht der volle, aber doch ein Anteil an den hinzugekommenen Einkünften des Unterhaltsberechtigten. Gerade dann, wenn dem Unterhaltsberechtigten eigene Einkünfte zumutbar und zurechenbar sind, führt dieses mithin im Gegensatz zur Anrechnungsmethode zu dem verfassungsrechtlich gebotenen Ausgleich der durch die Trennung entfallenen Haushaltstätigkeit.

3. Weil die zu den Einkommensverhältnissen der Parteien getroffenen Feststellungen nicht angegriffen worden sind, kann der Senat selbst abschließend entscheiden. Das ergibt folgende Unterhaltsberechnung:

a) September bis Dezember 2001:

anrechenbare Einkünfte des Beklagten

4.100 DM

Abzgl. eigener Einkünfte der Klägerin

- 300 DM

Abzgl. anrechenbarer Versorgungsleistungen für den neuen Lebenspartner

- 400 DM

Einkommensdifferenz

3.400 DM

Unterhaltsbedarf der Klägerin (3/7)

1.457 DM

Abzgl. vom Beklagten gewährtes mietfreies Wohnen

- 500 DM

verbleibender Unterhaltsbedarf

957 DM

Der Unterhaltsbedarf für die Zeit bis einschließlich Dezember 2001 beläuft sich somit jedenfalls auf die noch verlangten 400 EUR monatlich.

b) Unter Berücksichtigung des geringeren Einkommens des Beklagten ergibt sich für die Zeit von Januar bis Juli 2002 monatlich eine Einkommensdifferenz von 1.250 EUR (1.600 EUR anrechenbares Einkommen des Beklagten - 150 EUR eigenes Einkommen der Klägerin - 200 EUR Versorgungsleistungen) und ein Unterhaltsanspruch von 286 EUR (1.250x 3/7 - 250 EUR mitfreies Wohnen). Ab August 2002 sind die Einkünfte der Klägerin und die mietfreie Wohnensgewährung entfallen. Dafür ist der Wert der Versorgungsleistungen für den neuen Lebenspartner nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nunmehr mit monatlich 450 EUR zu bemessen. Das ergibt eine Einkommensdifferenz von 900 EUR (1.350 EUR - 450 EUR) und einen Unterhaltsanspruch von monatlich 386 EUR (900 EUR x 3/7).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1170157

NJW 2004, 2303

BGHR 2004, 1220

FamRZ 2004, 1170

FamRZ 2004, 1544

FuR 2004, 497

FPR 2004, 502

JuS 2004, 1010

MDR 2004, 999

FF 2005, 40

ZFE 2004, 279

LMK 2004, 221

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