Rz. 126

Mit unberechtigten Ansprüchen konfrontiert zu werden, gehört zum allgemeinen Lebensrisiko.[106] Die Kosten der Rechtsverteidigung gegen eine grundlose Inanspruchnahme sind daher grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Liegen indes die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm vor, §§ 280, 311, 823, 826 BGB, eventuell auch §§ 677 ff. BGB, kommt ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch in Betracht.

 

Rz. 127

§§ 280, 311 BGB setzen voraus, dass der vermeintliche Anspruch im Rahmen einer (vor-)vertraglichen Beziehung der Parteien geltend gemacht wurde.[107] Im Rahmen eines (angebahnten) Schuldverhältnisses sind die Parteien verpflichtet, die Rechtsgüter der anderen Seite nicht zu schädigen. Daher kann die unberechtigte Geltendmachung einer Forderung einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB bewirken. Zum Schaden gehören Anwaltsgebühren, welche z.B. durch eine Anfechtungserklärung des Vertragspartners oder das Zurückweisen einer unberechtigten Kündigung verursacht werden. Auch die Abwehr eines (im Rahmen eines Schuldverhältnisses) unberechtigterweise erhobenen Anspruchs kann einen solchen Schaden auslösen.

 

Rz. 128

Bei einem Wettbewerbsverstoß mittels einer unlauteren geschäftlichen Handlung sind die Anwaltsgebühren für eine – berechtigte – Abmahnung des Gegners nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG von diesem zu erstatten. Die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen gehört nicht zu den originären Aufgaben eines Unternehmers, für die er eine eigene Organisation vorhalten muss.[108] Nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 677, 683, 670 BGB, können die Gebühren für ein Abschlussschreiben (nach Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Aufforderung an den Antragsgegner, die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anzuerkennen) verlangt werden.[109] Die kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten ist zu beachten, § 11 UWG. Nach §§ 1004, 683 BGB kann Erstattung für Anwaltskosten wegen der vorprozessualen Abmahnung der Verwendung unzulässiger AGB-Bestimmungen verlangt werden.[110]

 

Rz. 129

Rechtsanwaltsgebühren, welche infolge der Abwehr einer unberechtigten Forderung entstanden sind, können auch nach §§ 823 Abs. 2, 826 BGB ersatzfähig sein. Dies kommt z.B. in Betracht, wenn der Mandant in einem früheren Rechtsstreit aufgrund eines Prozessbetruges oder einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung des Gegners (sonstiger wissentlich falscher Vortrag) unterlegen ist.[111]

[106] BGH, Urt. v. 12.12.2006 – VI ZR 224/05, juris Rn 13 = NJW 2007, 1458 ff.: Allein durch die Geltendmachung eines Anspruchs, der tatsächlich nicht besteht oder jedenfalls nicht weiterverfolgt wird, entsteht keine Sonderverbindung.
[107] BGH, Urt. v. 12.12.2006 – VI ZR 224/05, juris Rn 8 = NJW 2007, 1458 ff.
[108] BGH, Urt. v. 19.5.2010 – I ZR 140/08, juris Rn 26 = AnwBl 2010, 879 f.
[109] BGH, Urt. v. 4.2.2010 – I ZR 30/08, juris Rn 26 = MDR 2010, 1087.
[110] Schneider, Der materielle Kostenerstattungsanspruch, MDR 1981, 353 f.
[111] Schneider, Der materielle Kostenerstattungsanspruch, MDR 1981, 353 f.

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