Rz. 193
Nach § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG gilt S. 1 nicht, wenn betriebstechnische, wirtschaftliche oder sonstige berechtigte betriebliche Bedürfnisse die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer bestimmter Arbeitnehmer bedingen und damit der Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten entgegenstehen. Der Arbeitgeber hat damit die Möglichkeit, nicht die Verpflichtung, Leistungsträger aus der Sozialauswahl herauszunehmen, wenn deren Weiterbeschäftigung in seinem betrieblichen Interesse liegt. Dies setzt voraus, dass der gekündigte und sozial schwächere Arbeitnehmer mit dem sozial stärkeren Arbeitnehmer vergleichbar ist, letzterer sich aber durch bestimmte Merkmale hervorhebt.[343]
Rz. 194
Das Interesse an der Weiterbeschäftigung muss auch "berechtigt" sein. Aus diesem Wortlaut folgt, dass ein betriebliches Interesse auch "unberechtigt" sein kann. Nach dem Gesetz sind danach dem betrieblichen Interesse entgegengesetzte Interessen denkbar, die einer Herausnahme von sog. Leistungsträgern aus der Sozialauswahl entgegenstehen können. Im Kontext mit der Sozialauswahl sind dies die Belange des sozial schwächeren Arbeitnehmers. Deshalb sind im Rahmen des § 1 Abs. 3 S. 2 seine Interessen gegen das betriebliche Interesse an einer Herausnahme von Leistungsträgern abzuwägen. Je schutzbedürftiger dabei der sozial schwächere Arbeitnehmer ist, umso gewichtiger müssen die Gründe für die Ausklammerung des Leistungsträgers sein.[344] Diese Abwägung hat im konkreten Vergleich zu erfolgen.[345]
Rz. 195
Auf die betrieblichen Interessen kann sich nur der Arbeitgeber berufen. Sie müssen – im Rahmen des vorgegebenen unternehmerischen Konzepts – objektiv vorteilhaft sein.[346] Dies unterliegt der gerichtlichen Kontrolle.[347] Zwischen dem Grundsatz der Sozialauswahl und der Nichteinbeziehung gilt ein Regel-Ausnahme-Verhältnis.[348]
Rz. 196
Wegen des Ausnahmecharakters von § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG kann mit dieser Bestimmung regelmäßig nicht ein Ausschluss erheblicher Teile der Belegschaft aus der Sozialauswahl gerechtfertigt werden.[349] Zum Teil wird vertreten, dass die Grenze bei 15 % der Gesamtbelegschaft liegen soll.[350] In jedem Fall wachsen die Anforderungen
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