Rz. 18

Wenn zum Zeitpunkt der Versammlung (noch) keine ausreichenden Ausschreibungsergebnisse oder Angebote vorliegen, wird die Maßnahme oft dergestalt beschlossen, dass der Verwalter noch weitere Angebote einholen und das günstigste beauftragen soll, dies ggf. in Absprache oder im Einvernehmen mit dem Verwaltungsbeirat. Solche Beschlüsse wurden bislang als anfechtbar beurteilt.[33] Eine Delegation wurde nur dann für rechtmäßig gehalten, wenn die "Eckdaten" (Gegenstand, Kostenrahmen, Ablauf) präzise vorgegeben waren.[34] Ein so weitreichendes "Delegationsverbot" war aber schon nach dem alten Recht nicht überzeugend, denn warum sollte, wenn die Maßnahme als solche von der Gemeinschaft beschlossen wurde, nicht der Verwalter das günstigste Unternehmen beauftragen[35] und in diesem Zuge gewisse Details der Maßnahme entscheiden dürfen?[36] Jedenfalls nach jetzigem Recht lässt sich angesichts der von § 27 Abs. 2 WEG eröffneten Möglichkeit zur Erweiterung der Verwalterbefugnisse ein Delegationsverbot nicht mehr vertreten. Wenn die Eigentümer dem Verwalter das Vertrauen einräumen, an ihrer Stelle zu entscheiden, ist das grundsätzlich ihr gutes Recht. Solange diesbezüglich aber noch keine einschlägige bestätigende Rspr. vorliegt, sollte ein Verwalter es nicht "darauf ankommen" lassen und eine Beschlussanfechtung riskieren. Denn das der Delegation meistens zugrundeliegende Problem lässt sich nach aktuellem Recht leicht beheben: Wenn zur Beschlussfassung noch Angebote oder anderweitige Vorarbeiten fehlen sollten, kann beschlossen werden, die Informationen nachzuholen und den Sachbeschluss gem. § 23 Abs. 3 S. 2 WEG außerhalb einer Versammlung in Textform mit einfacher Mehrheit im Umlaufverfahren zu fassen (→ § 2 Rdn 25).

 

Rz. 19

Bei größeren Maßnahmen ist es meistens erforderlich, zunächst einen Vorbereitungsbeschluss zu fassen, wonach z.B. ein Architekt oder Sachverständiger die später zu beschließende Auftragsvergabe vorbereiten soll. Steht die Notwendigkeit der Maßnahme bereits fest, kann zusammen mit dem Vorbereitungsbeschluss auch ein Grundlagenbeschluss (synonym Grundbeschluss) gefasst werden, der das "Ob" der Maßnahme verbindlich festlegt, aber die Details (das "Wie") noch offen lässt (Muster → § 6 Rdn 50).[37] Der Beschluss über die Durchführung der Maßnahme wird dann später gefasst. Der spätere Beschluss kann nicht mit Gründen angefochten werden, die sich schon dem Grunde nach gegen die Durchführung der Maßnahme richten.[38] Stehen zahlreiche Arbeiten an, kann die Gemeinschaft auch eine Prioritätenliste aufstellen und abarbeiten, ohne dass ein Miteigentümer einen Anspruch auf Vorziehen bestimmter Maßnahmen hat;[39] sie kann sich aber auch darauf beschränken, von Fall zu Fall die unmittelbar erforderlichen Einzelmaßnahmen zu beschließen.[40]

 

Rz. 20

Der Beschluss muss – wie immer – ausreichend bestimmt sein, wobei es am besten ist, wenn ein Angebot (ggf. nebst Planskizzen usw.) vorliegt, auf das im Beschluss Bezug genommen werden kann (→ § 2 Rdn 17). Als unbestimmt wurden z.B. folgende Beschlüsse beurteilt: "Einbau moderner Fenster gleicher Bauart";[41] Maßnahmen gemäß einer fachlichen Stellungnahme, in der es heißt, "die Anbringung eines WDVS kommt in Betracht, geschätzte Kosten EUR 55.000";[42] oder "noch zu verhandelnde Angebote".[43] Ein Architekt/Ingenieur oder Unternehmer kann für bestimmte Arbeiten zum Stundensatz beauftragt werden, was bei den schwer kalkulierbaren Arbeiten "im Bestand" oft fast unvermeidlich ist; eine Obergrenze (Budgetierung) ist hier zwar anzustreben, aber nicht zwingend (str.).[44] Natürlich wäre es gut, wenn die Gemeinschaft Sicherheit hätte, welche Größenordnung die Kosten nicht übersteigen können, aber diese Sicherheit ist eben in den fraglichen Fällen aus der Natur der Sache heraus nicht zu erreichen. (Welches Unternehmen oder welcher Handwerker lässt sich schon auf Festpreise ein?) Es ist die Pflicht des Verwalters, die Kostenentwicklung im Auge zu behalten und für den Fall, dass die Kosten "aus dem Ruder laufen", Konsequenzen zu ziehen (bspw. eine außerordentliche Versammlung einzuberufen). So richtig und wichtig es auch ist, dass Beschlüsse von ausreichender Bestimmtheit sind, schießen (Amts-)Gerichte doch mitunter über das Ziel hinaus und stellen praxisferne und übertriebene Anforderungen, die nicht dem Interesse der Gemeinschaft, sondern allenfalls dem Interesse anfechtungswilliger Einzelner dienen. Beispiele: Wenn noch kein Angebot des Werkvertrags vorliegt, müsse klargestellt sein, ob der Unternehmer nach BGB oder VOB/B beauftragt werden solle;[45] der Beschluss "Fahrradlaufschiene in Klappvariante rechts am Treppenniedergang in den Keller" sei unbestimmt, weil Gestaltung, Größe und Befestigung nicht beschrieben seien;[46] ebenso der Beschluss "Pflanzstreifen mit verschiedenen – lt. Gartenfachbetrieb geeigneten – Pflanzen versehen".[47]

 

Rz. 21

Wenn es sich nicht nur um einen Grundlagenbeschluss handelt, sondern eine Geldausgabe (konkrete Auftragserteilung) beschlossen wird, so...

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