Rz. 43

Bei der Geschäftsgebühr für ein einfaches Schreiben nach Nr. 2301 VV RVG handelt es sich um eine Ergänzung zu Nr. 2300 VV RVG. Hierdurch soll die Vergütung des RA für Tätigkeiten, die erfahrungsgemäß nur wenig Arbeit verursachen, herabgesetzt werden.

Ob ein einfaches Schreiben durch den RA zu erstellen ist, ergibt sich erstens aus dem Auftrag des Mandanten und zweitens aus der Art des Schreibens. Wenn der RA nur den Auftrag erhalten hat, ein Schreiben im Sinne von Nr. 2301 VV RVG zu fertigen, dann erhält er auch nur die Gebühr nach dieser Vorschrift. Hat er einen über den Rahmen der Anmerkung zu Nr. 2301 VV RVG hinausgehenden Auftrag, dann wird er eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG erhalten, selbst wenn seine Tätigkeit dann doch nicht so umfangreich wird, was jedoch durch die Festlegung der Gebühr innerhalb des Rahmens von 0,5 bis 2,5 zu berücksichtigen ist.

 

Rz. 44

Schreiben einfacher Art sind beispielsweise kurze Mahnungen oder Kündigungen. Entscheidend ist, ob diese Schreiben schwierige rechtliche Ausführungen oder größere sachliche Auseinandersetzungen enthalten. Der Gebührensatz der Geschäftsgebühr für diese einfachen Schreiben beträgt 0,3. Allerdings erhält der RA diese Gebühr nur, wenn sich sein Auftrag auf dieses Schreiben beschränkt und der Auftraggeber z. B. auf eine Beratung verzichtet. Um dies noch einmal deutlich zu machen: Es kommt allein auf den erteilten Auftrag an, nicht auf den tatsächlichen Inhalt des Schreibens. Hat der RA den Auftrag für ein einfaches Schreiben angenommen und wird das Schreiben dann doch etwas länger, hat dies keinen Einfluss auf die Gebühr.

 

Beispiel:

Beispiele für Schreiben einfacher Art: Ermittlung der neuen Anschrift des Schuldners z. B. durch Anfrage beim Einwohnermeldeamt, einfaches Mahnschreiben, Kündigung eines Mietvertrages über Wohnraum, Schreiben an das Grundbuchamt, mit dem nur eine Anträge und Bewilligung enthaltende Ausfertigung eines Vergleichs vorgelegt wird.

Weiterhin gehören zu den einfachen Schreiben auch solche, die auftragsgemäß nur das äußere Betreiben eines Verfahrens bezwecken, wie z. B. Benachrichtigungen, Beschleunigungsgesuche, Gesuche um Erteilung von Kopien, also kurze Schreiben, die nur dem äußeren Ablauf des Verfahrens dienen. Diese Schreiben haben keinen Einfluss auf das Ergebnis des Verfahrens, also z. B. auf das später ergehende Urteil. Der RA darf jedoch keinen darüber hinausgehenden Auftrag haben.

Das Gesetz hat nicht präzise definiert, wann ein Schreiben "einfach" ist. Wahrscheinlich ist eine solche Definition auch gar nicht möglich. Es wird hier auch vom äußeren Eindruck des Schreibens auszugehen sein. Ein kurzes Schreiben wird sicherlich meist auch einfach sein. Gemäß der Anmerkung zu Nr. 2301 VV RVG handelt es sich dann um ein Schreiben einfacher Art, wenn dieses weder schwierige rechtliche Ausführungen noch größere sachliche Auseinandersetzungen enthält. "Leichtere" rechtliche Ausführungen und "kleinere" sachliche Auseinandersetzungen sind also durchaus noch einfach. Behalten Sie im Auge, dass es darauf ankommt, ob der erteilte Auftrag auf die Erstellung eines einfachen Schreibens zielte, oder ob er darüber hinausging. Der spätere tatsächliche Inhalt des Schreibens ist für die Gebühr unerheblich.

 

Rz. 45

Es war lange umstritten, ob der RA für mehrere Schreiben in derselben Angelegenheit die Gebühr nur einmal erhält. Nach inzwischen überwiegender Meinung ist die Geschäftsgebühr nach Nr. 2301 VV RVG nur anzuwenden, wenn nur ein einziges einfaches Schreiben erstellt wird. Bei mehreren einfachen Schreiben in einer Angelegenheit ist die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG anzuwenden.

 

Rz. 46

 

Hinweis:

Auch die Geschäftsgebühr für ein einfaches Schreiben nach Nr. 2301 VV RVG entsteht gemäß Vorbemerkung 2.3 Abs. 3 VV RVG für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Der BGH verlangt, dass der RA prüft, ob aufgrund der erhaltenen Information ein einfaches Schreiben rechtlich in Betracht kommt. Mehr muss der RA nicht tun, insbesondere nicht den Mandanten darüber beraten, ob das einfache Schreiben zweckmäßig und ausreichend ist um seine Ansprüche einzufordern. Die Gebühr für das einfache Schreiben kann nicht für eine Vertretung entstehen – dann ist die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG anzuwenden. Weiterhin sagt der BGH, dass selbst ein rechtskundiger Gläubiger nicht gezwungen ist, seinem RA nur einen Auftrag für ein einfaches Schreiben zu erteilen, sondern berechtigt ist sich anwaltlich vertreten zu lassen – wofür die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG entsteht (BGH, Versäumnisurteil vom 17.09.2015 – IX ZR 280/14). Der Schuldner kann also nicht einwenden, dass unnötig hohe Kosten entstanden seien (siehe hierzu auch Rdn 38).

 

Rz. 47

In Rdn 11 ff. wurde die Geschäftsgebühr für ein anwaltliches Aufforderungsschreiben ohne Klageauftrag nach Nr. 2300 VV RVG berechnet, weil dies in der Praxis meist so gehandhabt wird und weil der RA oft noch einen über die Erstellung des Schreibens hinausgehenden Auftrag hat; hier sei nur ...

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