Rz. 92

Nach § 34 Abs. 1 S. 1 RVG kann der RA auch mit einem Verbraucher (Definition in § 13 BGB) eine Gebührenvereinbarung abschließen. Nur wenn dies nicht geschieht gelten die nachstehenden Erläuterungen. Der RA berechnet dann die "übliche Vergütung" nach dem BGB (siehe Rdn 89 ff.). Dabei hat der RA gegenüber dem Verbraucher die Höchstgebühren nach § 34 Abs. 1 S. 3 RVG zu beachten.

Wenn der RA einen Verbraucher ohne Abschluss einer Gebührenvereinbarung in einer Zivil- oder Strafsache berät, wird nach § 34 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 RVG die Beratungsgebühr auf höchstens 250 Euro nach oben hin begrenzt. Diese Obergrenze betrifft eine jede Beratung von Verbrauchern, also sowohl eine schriftliche Beratung als auch ein zweites oder drittes Beratungsgespräch. Damit sollen unerfahrene Verbraucher davor geschützt werden, für eine anwaltliche Beratung unkalkulierbar hohe Gebühren zahlen zu müssen, was die Verbraucher ansonsten von der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe abschrecken könnte. So kann der Verbraucher davon ausgehen, dass die Beratung durch einen RA auf keinen Fall mehr kosten wird als 250 Euro, selbst wenn in der Angelegenheit mehr als ein Beratungsgespräch erforderlich wird.

 

Rz. 93

Sollte es jedoch bei einem einzigen Beratungsgespräch verbleiben, so gilt gegenüber Verbrauchern eine zweite Obergrenze von 190 Euro (§ 34 Abs. 1 S. 3 Hs. 3 RVG). In diesem Fall wird die Beratungsgebühr als Erstberatungsgebühr bezeichnet. Sinn dieser Vorschrift ist, dass ein privater Auftraggeber, der sich wegen einer ersten Beratung an einen RA wendet, schon im Voraus absehen können soll, wie viel ihn diese erste Raterteilung maximal kosten wird. Einen solchen Verbraucherschutz hat ein Unternehmer (Definition in § 14 BGB) nicht nötig, sodass es für Nicht-Verbraucher eine Erstberatungsgebühr nicht gibt.

 

Achtung:

Die Erstberatungsgebühr ist keine besondere Gebühr, sondern nur eine Höchstgrenze für die Gebühren nach § 34 Abs. 1 S. 3 Hs. 3 RVG. Deshalb ist zunächst die "übliche Gebühr" nach § 34 Abs. 1 S. 2 RVG für die Beratung zu ermitteln (siehe Rdn 89 ff.) und danach erst zu prüfen, ob die 190 Euro überschritten werden. Es ist also falsch, wenn in der Praxis ohne Prüfung der Angemessenheit einfach 190 Euro für jede Erstberatung liquidiert werden. Die Gebühr könnte nach billigem Ermessen auch niedriger sein.

Die Erstberatungsgebühr gilt nur für die allererste mündliche Beratung des Verbrauchers, nicht für eine schriftliche Beratung. Sollte nach dem ersten Beratungsgespräch bzw. einer mündlichen Auskunft der RA weitere Tätigkeiten dieser Art ausüben, die mit der Erstberatung in einem engen Zusammenhang stehen oder eine Fortsetzung der ersten Beratung darstellen oder einen schriftlichen Rat erteilen, so wird die Beratungsgebühr nicht mehr auf 190 Euro beschränkt. Dies ergibt sich daraus, dass § 34 Abs. 1 S. 3 Hs. 3 RVG ausdrücklich von einem "ersten Beratungsgespräch" spricht. Dann allerdings gilt gegenüber Verbrauchern die Höchstgrenze von 250 Euro.

 

Rz. 94

Aus den Überlegungen der vorstehenden Kapitel ergibt sich für die Ratgebühr folgendes

 
     
  Prüfungsschema:  

Betrifft der Auftrag an den RA nur eine Raterteilung, nicht auch weitere Tätigkeiten?

Nein → Eine Geschäfts- oder Verfahrensgebühr ist zu berechnen, keine Ratgebühr

Ja → weiter

Soll auftragsgemäß nur eine Beratung (oder ein Gutachten) erfolgen?

Ja → Gebührenvereinbarung auch bei Verbrauchern ist zulässig

Auftrag zur Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels → siehe Rdn 100 f.

Keine Gebührenvereinbarung → Bestimmung der angemessenen Gebühr, weiter

Keine Gebührenvereinbarung und Klient ist Verbraucher

Erstberatung, nur ein Gespräch → Erstberatungsgebühr höchstens 190 Euro

Beratung, mehr als ein Gespräch oder schriftlich → Gebühr höchstens 250 Euro

Keine Gebührenvereinbarung und Klient ist Unternehmer

→ Bestimmung der angemessenen Gebühr nach billigem Ermessen (ohne Höchstgrenzen), was nach § 315 Abs. 3 BGB vom Richter überprüft werden kann

 

Merke:

Wurde mit einem Verbraucher keine Vereinbarung über die Beratungsgebühr getroffen,

wird für eine erste und einmalige mündliche Beratung eine Erstberatungsgebühr von maximal 190 Euro erhoben, wenn nicht die nach dem Zeitaufwand oder sonstigen Umständen berechnete Gebühr niedriger ist und
wird für schriftliche oder wiederholte Beratungen in derselben Angelegenheit eine Höchstgebühr von 250 Euro erhoben, wenn nicht die nach dem Zeitaufwand oder sonstigen Umständen gemäß § 14 Abs. 1 RVG berechnete Gebühr niedriger ist.
 

Rz. 95

Achtung:

Bei Erteilung eines mündlichen Rates werden in der Regel keine Post- und Telekommunikationsdienstleistungsentgelte entstehen, also auch keine Auslagenpauschale!

 

Hinweis:

In den nachfolgenden Beispielen zur Berechnung der Gebühren in Beratungsfällen wird jeweils unterstellt, dass keine Vereinbarungen über die Gebühren zwischen RA und Klient getroffen worden sind.

Im Falle der Gebührenvereinbarung ergibt sich die Vergütungsrechnung aus der schriftlichen Vereinbarung (siehe die Muster in vorstehenden Kapitel...

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