Rz. 714

Muster 4.77: Nichtzulassungsbeschwerde wegen Verfahrensrechtsverletzung

 

Muster 4.77: Nichtzulassungsbeschwerde wegen Verfahrensrechtsverletzung

An das BAG

99113 Erfurt

Nichtzulassungsbeschwerde

(Rubrum wie Muster Rdn 712)

wegen Besetzungsrüge.

Namens und im Auftrage des Klägers legen wir wegen der Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landesarbeitsgerichtes _____ vom _____, Aktenzeichen: _____,

Nichtzulassungsbeschwerde

ein.

Es wird beantragt, die Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichtes _____ vom _____, Aktenzeichen _____, zuzulassen.

Gründe:

I. _____ (Sachverhalt, aus dem sich der eingeklagte Anspruch ergibt, Geltendmachung des Anspruches, Ablehnung/Nichterfüllung, Klage).
II. _____ (Entscheidungen des ArbG und des LAG, Nichtzulassung der Revision).
III.

_____ (Voraussetzungen der Verfahrensrechtsverletzung gem. § 72a Abs. 3 Nr. 3 ArbGG. Substantiierte Darlegung der absoluten Revisionsgründe gem. § 547 i.V.m. § 740 ZPO)

Die Besetzungsrüge der Klägerin ist nach der Rechtsprechung des BAG (BAG 23.6.2016 – 8 AZN 205/16, juris) begründet. Der von ihr geltend gemachte absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Berufungsgerichts liegt vor (§ 547 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 72a Abs. 3 S. 2 Nr. 3 Alt. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG). Dies führt zur Aufhebung des anzufechtenden Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung.

Gem. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG i.V.m. § 309 ZPO kann das Urteil nur von denjenigen Richtern gefällt werden, die der dem Urteil zugrundeliegenden Verhandlung beigewohnt haben (vgl. dazu auch BGH 1.3.2012 – III ZR 84/11, juris). Nur wenn jeder Richter die wesentlichen Vorgänge der mündlichen Verhandlung in sich aufgenommen hat, ist er in der Lage, unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung (§ 286 Abs. 1 ZPO) selbstständig und ohne wesentliche Hilfe der anderen Richter zu urteilen und so an einer sachgerechten Entscheidung mitzuwirken (vgl. u.a. BVerwG 19.7.2007 – 5 B 84/06 m.w.N.; BFH 28.8.1986 – V R 18/86, BFHE 147, 402). Hat ein Richter der Verhandlung nicht ununterbrochen beigewohnt, so darf er an dem Urteil nicht mitwirken. Wirkt er gleichwohl mit, so ist das Urteil von einem nicht vorschriftsmäßig besetzten Gericht erlassen (BAG 23.6.2016 – 8 AZN 205/16).

Danach ist die Besetzungsrüge der Klägerin begründet. Der ehrenamtliche Richter _____ war infolge zeitweiliger Abwesenheit nicht in der Lage, wesentliche Vorgänge der mündlichen Verhandlung in sich aufzunehmen. Er konnte demzufolge nicht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung (§ 286 Abs. 1 ZPO) selbstständig und ohne wesentliche Hilfe der anderen Richter urteilen. Da er im Zeitraum von 09:45 Uhr bis 10:15 Uhr, als das Sach- und Streitverhältnis mit den Parteien erörtert wurde, nicht im Sitzungssaal anwesend war, hatte er nicht den gleichen Erkenntnisstand wie die anderen Richter/innen der Kammer.

Zwar wird gem. § 137 Abs. 1 ZPO die mündliche Verhandlung dadurch eingeleitet, dass die Parteien ihre Anträge stellen. Zu diesem Zeitpunkt war der ehrenamtliche Richter _____ ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom _____ anwesend. Aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom _____ sowie aus dem Vortrag der Parteien im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ergibt sich ferner, dass das Gericht nach dem Stellen der Anträge das Sach- und Streitverhältnis mit den Parteien nicht erörtert hat.

Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien hat eine Erörterung des Sach- und Streitverhältnisses allerdings in der Zeit von 09:45 Uhr bis 10:15 Uhr und damit in Abwesenheit des ehrenamtlichen Richters _____ stattgefunden. Die Klägerin hat dies konkret unter Angabe einzelner Umstände dargestellt. Die Beklagte hat dies dadurch bestätigt, dass sie ausgeführt hat, der Klägerin sei nach dem Stellen der Anträge Gelegenheit gegeben worden, "zu der Berufung auszuführen, und zwar nunmehr auch in Anwesenheit des ehrenamtlichen Richters". Dass die Erörterung des Sach- und Streitverhältnisses in der Zeit von 09:45 Uhr bis 10:15 Uhr ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung im Rahmen eines "Konfliktlösungs- und Vergleichsgesprächs" stattfand und damit dem Zweck einer gütlichen Einigung diente, ist unerheblich. Im Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ist ausdrücklich festgehalten, dass die Sitzung um 09:45 Uhr – wenn auch ohne den ehrenamtlichen Richter _____ – begonnen wurde. Auch Vergleichsverhandlungen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht sind Bestandteil der Verhandlung selbst. Auch bei ihnen muss deshalb, wenn nicht ausnahmsweise durch besonderen Beschluss ein Mitglied der Kammer mit der Führung der Vergleichsverhandlungen beauftragt ist, das Landesarbeitsgericht in seiner vollen Besetzung tätig sein (BAG 23.6.2016 – 8 AZN 205/16, juris).

Ebenso führt es nicht zu einer anderen Bewertung, dass der Klägerin ...

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