Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Statthaftigkeit der Streitwertrevision zum BFH, wenn der Verwaltungsakt vor dem Inkrafttreten des Beschleunigungsgesetzes bekanntgegeben worden ist

 

Leitsatz (NV)

Die Übergangsregelung für die Streitwertrevision zum BFH gegen finanzgerichtliche Urteile ist nur in dem zweiten in Art. 3 des Beschleunigungsgesetzes enthaltenen Tatbestand getroffen worden. Streitwertrevision ist danach nur noch statthaft, wenn die finanzgerichtliche Entscheidung, gegen die sich die Revision richtet, vor Inkrafttreten des Beschleunigungsgesetzes entweder verkündet oder von Amts wegen anstelle einer Verkündung zugestellt worden ist.

 

Normenkette

Beschleunigungsgesetz Art. 3; BFHEntlG Art. 1 Nr. 5; FGO § 115 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagung für 1981 war die Berechtigung der Kläger und Revisionskläger (Kläger) zum Abzug von rund 31 000 DM Vorsteuern umstritten, die ihnen für Bauleistungen zur Errichtung ihres Einfamilienhauses in Rechnung gestellt worden waren. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid 1981 vom 12. April 1984 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 1984 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Septzember 1985 ab. Das Urteil des FG enthielt keinen Ausspruch über die Zulassung der Revision. Die Kläger halten ihre Revision als Streitwertrevision nach § 115 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861) i. d. F. des Änderungsgesetzes vom 14. Dezember 1984 (BGBl I 1984, 1514) für zulässig, weil der Wert des Streitgegenstandes 10 000 DM übersteige. Die Änderung des Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG durch das Gesetz zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher und finanzgerichtlicher Verfahren (Beschleunigungsgesetz) vom 4. Juli 1985 (BGBl I 1985, 1274) sei ohne Bedeutung. Nach der Übergangsregelung in Art. 3 des Beschleunigungsgesetzes richte sich die Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen eine gerichtliche Entscheidung nach den bisher geltenden Vorschriften, wenn der Verwaltungsakt vor dem Inkrafttreten des Beschleunigungsgesetzes am 17. Juli 1985 bekanntgegeben worden sei. Außerdem sei die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und wegen einer Abweichung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Dezember 1971 V R 41/68 (BFHE 104, 262, BStBl II 1972, 238) zulässig.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

1. Die Revision ist nicht als Streitwertrevision statthaft (§ 115 Abs. 1 FGO i. V. m. Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG).

Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG ist durch Art. 2 des Beschleunigungsgesetzes vom 4. Juli 1985 dahin geändert worden, daß abweichend von § 115 Abs. 1 FGO die Revision nur stattfindet, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der BFH sie zugelassen hat. Das Beschleunigungsgesetz ist nach Art. 5 am Tag nach der Verkündung in Kraft getreten. Es ist am 16. Juli 1985 verkündet worden.

Der Ansicht der Kläger, aus Art. 3 des Beschleunigungsgesetzes folge, daß eine Streitwertrevision noch statthaft sei, wenn der im finanzgerichtlichen Verfahren angefochtene Verwaltungsakt vor dem Inkrafttreten des Beschleunigungsgesetzes bekanntgegeben worden sei, folgt der Senat nicht. Der erste in dieser Vorschrift geregelte Tatbestand, auf den sich die Kläger berufen (die Zusändigkeit des Gerichts für die Entscheidung über einen Rechtsbehelf gegen einen Verwaltungsakt . . . richtet sich nach den bisher geltenden Vorschriften, wenn der Verwaltungsakt vor Inkrafttretren dieses Gesetzes bekanntgegeben worden ist), bezieht sich nur auf die in Art. 1 Nr. 2 und Nr. 3 des Beschleunigungsgesetzes neu geregelte Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte (OVG), in erster Instanz über bestimmte Verwaltungsakte zu entscheiden (Tipke / Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 115 FGO Anm. zum BFHEntlG; Offerhaus, Der Betrieb - DB - 1985, 1608; Meyer-Ladewig, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1985, 1985, 1991). Die Übergangsregelung für die Streitwertrevision zum BFH gegen finanzgerichtliche Urteile ist nur in dem zweiten in Art. 3 des Beschleunigungsgesetzes enthaltenen Tatbestand geregelt (die Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen eine gerichtliche Entscheidung . . . richtet sich nach den bisher geltenden Vorschriften, wenn die Entscheidung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes verkündet oder von Amts wegen anstelle einer Verkündung zugestellt worden ist). Streitwertrevision ist danach nur noch statthaft, wenn die finanzgerichtliche Entscheidung, gegen die sich die Revision wendet, vor Inkrafttreten des Beschleunigungsgesetzes entweder verkündet oder von Amts wegen anstelle einer Verkündung zugestellt worden ist (BFH-Urteil vom 6. November 1985 II R 217/85, BFHE 145, 120, BStBl II 1986, 175).

2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder wegen einer Abweichung des finanzgerichtlichen Urteils von einer Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) statthaft. Diese Revisionsgründe können wirksam nur durch Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht werden.

 

Fundstellen

BFH/NV 1987, 52

BFHE 1987, 402

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