Rz. 19

Grundsätzlich dienen Vorschriften des Straßen- und Straßenverkehrsrechts, die die zuständige Behörde zum Regeln von Park- und Halteverboten, zur Widmung bzw. Einziehung öffentlicher Straßen, zum Vorgehen gegen unerlaubte Sondernutzungen oder zum Schutz des sogenannten Anliegergebrauchs ermächtigen, nur dem Schutz der Allgemeinheit. Die jeweils einschlägigen Bestimmungen aus der StVO oder den Straßengesetzen sind grundsätzlich nicht auf die Wahrung der Interessen Einzelner ausgerichtet. Allenfalls im besonders gelagerten Einzelfall kann ein subjektiv-öffentliches Recht gegenüber der zuständigen Straßen- oder Straßenverkehrsbehörde abgeleitet werden, soweit die jeweils geschützten Rechtsgüter und Interessen auch das Individualinteresse erfassen, wie es etwa bei Grundrechten wie Eigentum oder körperlicher Unversehrtheit der Fall sein kann. Jedenfalls steht dem Einzelnen dann ausnahmsweise ein subjektiv-öffentliches Recht gegenüber den zuständigen Behörden auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen Antrag auf regelndes Einschreiten zu. Nur im Fall der "Ermessensreduzierung auf Null" besteht auch ein Anspruch auf das konkret geltend Gemachte.

 

Rz. 20

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Einzelne einen auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde gerichteten Anspruch auf verkehrsregelndes Einschreiten hat, wenn eine Verletzung seiner geschützten Individualinteressen in Betracht kommt. Die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. § 45 Abs. 1 StVO umfassen nicht nur die Grundrechte wie körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) und Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG). Dazu gehört auch der Schutz vor Einwirkungen des Straßenverkehrs, die das nach allgemeiner Anschauung zumutbare Maß übersteigen.[25]

 

Rz. 21

Der Betroffene (z.B. ein Straßenanlieger) muss nicht nur geltend machen können, dass die Voraussetzungen der jeweiligen Ermächtigungsgrundlage erfüllt sind, sondern auch, dass die Belastung seines Grundstücks (oder seiner Gesundheit) durch rechtswidrige Einwirkungen Dritter schlichtweg unzumutbar ist. Es besteht jedenfalls dann kein Anspruch eines Grundstückseigentümers gegen die Behörde auf Einschreiten nach Straßenrecht oder Straßenverkehrsrecht gegen vor seinem Grundstück parkende Kraftfahrzeuge, wenn sich eine Verletzung straßen- oder straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, die ihn gleichzeitig unzumutbar belastet, nicht feststellen lässt.[26]

 

Rz. 22

Die Polizei kann auch aufgrund der polizeilichen Generalklausel verpflichtet sein, bei Verkehrslärmbelästigungen zum Schutze Dritter einzuschreiten, wenn der Verkehrslärm, gemessen an der konkreten Situation der Umgebung in ihrem Verhältnis zur Straße, die Grenze des Zumutbaren übersteigt.[27] Im Übrigen ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Hierbei gelten die allgemeinen Grundsätze.

[25] BVerwGE 74, 234, 236; BayVGH, Urt. v. 18.2.2002 – 11 B 00.1769, VRS 103, 34, 40 f.; OVG NRW, Urt. v. 21.1.2003 – 8 A 4230/01, VRS 105, 233 ff.
[26] VG Oldenburg, Urt. v. 22.10.2014 – 5 A 3780/12.
[27] OVG NRW NVwZ 1983, 101, dort allerdings abgelehnt.

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