Rz. 30

Werte von mindestens 2 ‰ zwingen zur Prüfung der Frage, ob der Täter nicht in seiner Schuldfähigkeit eingeschränkt war (§ 21 StGB). Wie bei der Prüfung der Schuldfähigkeit, bei der im Übrigen ebenfalls der Grundsatz "in dubio pro reo" nicht anwendbar ist (BGH DAR 2000, 38), kommt es auch hier nicht allein auf die Höhe der Alkoholisierung an – ein Wert von 2 ‰ führt jetzt nicht mehr automatisch zur Bejahung des § 21 StGB, entscheidend sind vielmehr die psycho-diagnostischen Kriterien.

Dabei ist der Richter in seiner Bewertung nicht gebunden, wenn auch bei über 2 ‰ liegenden Werten je nach den Umständen des Einzelfalles eine erhebliche Herabsetzung der Hemmungsfähigkeit naheliegend oder gar in hohem Maße wahrscheinlich ist (BGH NZV 2015, 97).

 

Achtung: Rückrechnung

Bei unter 2 ‰ liegenden Werten versäumen Richter deshalb oft die Prüfung der Schuldfähigkeit, weil sie übersehen, dass maßgeblich alleine der auf den Tatzeitpunkt zurückgerechnete Alkoholwert ist und hier zugunsten des Täters mit den höchstmöglichen Werten zurückgerechnet werden muss (OLG Düsseldorf NZV 2017, 98; siehe auch § 37 Rdn 136). Bei erwachsenen Tätern sprechen unter 2 ‰ liegende Werte gegen eine Störung, bei Jugendlichen oder Heranwachsenden muss der Richter in der Regel aber bereits bei an 2 ‰ heranreichenden Werten die Frage der Schuldfähigkeit prüfen (BGH StraFo 1997, 246).

Bei Erwachsenen ist eine solche Prüfung bereits bei Werten um 1,5 ‰ dann erforderlich, wenn eine Mischintoxikation mit illegalen Drogen oder Medikamenten vorliegt (BGH NStZ 1990, 384).

 

Tipp: Sachverständiger

In der Regel kann das Gericht eine Einschränkung der Schuldfähigkeit ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht beurteilen (OLG Naumburg zfs 2000, 554; OLG Braunschweig NZV 2014, 478).

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