Rz. 297

Trifft den Verletzten ein mitwirkendes Verschulden oder eine mitwirkende Verantwortlichkeit (§ 116 Abs. 3 S. 1 SGB X), so wird ihm bei der Schadensabwicklung ein Vorrecht gegenüber dem Sozialversicherungsträger in dem Fall eingeräumt, in dem dieser aufgrund des Schadensereignisses keine höheren Sozialleistungen zu erbringen hat als vor diesem Ereignis. Der Schadensersatzanspruch geht dann nur insoweit auf den Sozialversicherungsträger über, als der geschuldete Schadensersatz nicht zur vollen Deckung des eigenen Schadens des Verletzten oder seiner Hinterbliebenen benötigt wird (Quotenvorrecht zugunsten des Versicherten). Dies gilt auch dann, wenn der quotierte Anspruch (§ 116 Abs. 3 S. 1 SGB X) daneben durch Gesetz der Höhe nach begrenzt ist (§ 116 Abs. 3 S. 2 SGB X).

 

Rz. 298

Denkbar ist die Fallgestaltung, in der z.B. der RV-Rentner (§§ 33 ff. SGB VI) durch ein Schadensereignis zu Tode kommt und der Leistungsträger anstelle der gewährten Rente nur noch die Witwenrente zu leisten verpflichtet ist (z.B. § 1268 RVO a.F.). Der Bundesgerichtshof hatte in früherer ständiger Rechtsprechung vor Inkrafttreten des Abs. 5 einen Schadensersatzanspruch des Sozialversicherungsträgers anerkannt.[369] Mit § 116 Abs. 5 SGB X hat der Gesetzgeber die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs übernommen.

 

Rz. 299

In diesem Zusammenhang ist auf das von § 116 Abs. 5 SGB XI unabhängige Quotenvorrecht der Witwe hinzuweisen. Hat die Witwe eigene Einkünfte, und zwar gleichgültig, ob bereits vor oder nach dem Tod des Ehegatten erzielt, so braucht sie sich diese auf ihren Unterhaltsschadensersatzanspruch nur insoweit anrechnen lassen, als sie den von ihr zu tragenden Schadensanteil (Bruchteilshaftung) übersteigen. Bei den Einkünften kann es sich auch um Renteneinkünfte handeln.[370] Die Witwe muss sich allerdings Ersparnisse (z.B. alleinige Verwendung von Einkünften für ihren eigenen Lebensunterhalt) bei der Berechnung des Unterhaltsschadens anrechnen lassen, und zwar auch bei Anwendung des § 116 Abs. 5 SGB X.[371]

 

Rz. 300

Rechenbeispiel zu § 116 Abs. 5 SGB X:

 
Altersrente des Verunglückten 1.200 EUR
fixe Kosten 200 EUR
Witwenrente (55 %) 660 EUR
Haftungsquote 50 %
Schadensberechnung:  
Rente Mann 1.200 EUR
– fixe Kosten 200 EUR
verteilbares Einkommen 1.000 EUR
Unterhaltsanteil 50 % 500 EUR
+ fixe Kosten 200 EUR
Unterhaltsschaden 700 EUR
Schadensersatz 50 % 350 EUR
Nach § 116 Abs. 3 S. 1 ergeben sich folgende Anteile:  
Sozialversicherungsträger 330 EUR
Witwe (Quote aus dem Restschaden 20 EUR
– 700 EUR – 600 EUR x 50 %)  
Nach § 116 Abs. 5 (Quotenvorrecht Witwe)  
Sozialversicherungsträger 290 EUR
Witwe 40 EUR
  = 330 EUR
[369] Z.B. BGHZ 9, 179; BGHZ 70, 67; BGH VersR 1981, 334; Neumann-Duesberg, VersR 1968, 709.
[370] BGH VersR 1962, 1063; BGH VersR 1983, 726; BGH VersR 1987, 70; OLG Nürnberg VersR 1978, 774.
[371] BGH VersR 1983, 726; Sokoll, BG 1989, 140, 141.

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