Leitsatz (amtlich)

1. Zu der Berechnung eines Unterhaltsschadens der Witwe, die neben ihrem getöteten Mann zum Familienunterhalt beigetragen hat.

2. Auf den Unterhaltsanspruch Witwe ist die von der Rentenversicherung gezahlte Witwenrente anzurechnen, da sie eine dem Unterhaltsanspruch kongruente Ersatzleistung darstellt.

3. Der allgemeine Vortrag der klagenden Witwe, dass ihre Lebenshaltungskosten gestiegen seien, weil ihr verstorbener Ehemann sämtliche handwerklichen Arbeiten im bis zum Unfallzeitpunkt gemeinsam geführten Haushalt ausgeführt habe, reicht auch nicht aus, um einen Mindesthaushaltsführungsschaden im Rahmen des Unterhaltsschadens nach § 287 ZPO schätzen zu können.

4. Die bloße zukünftige Änderungsmöglichkeit des Renten- und Preisniveaus rechtfertigt kein Feststellungsinteresse für einen über den Renten-Zahlungsantrag hinausgehenden Unterhaltsschaden; insoweit ist vielmehr der Weg über die Abänderungsklage nach § 323 ZPO eröffnet.

5. Auch nach Einführung des § 844 Abs. 3 BGB kann der Verlust eines nahen Angehörigen ein Schmerzensgeld des Hinterbliebenen nur dann begründen, wenn seine hierdurch hervorgerufene psychische Beeinträchtigung eine pathologisch fassbare Gesundheitsverletzung darstellt, welche über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgeht, denen Hinterbliebene bei der Benachrichtigung vom tödlichen Unfall eines Angehörigen erfahrungsgemäß ausgesetzt sind (BGH, U. v. 01.2015 - VI ZR 548/12).

 

Normenkette

BGB § 844; SGB VI § 46; SGB X § 116; StVG § 10 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Aktenzeichen 10 O 329/17)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 20.12.2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg (10 O 329/17) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das vorliegende und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages geleistet wird.

 

Gründe

I. Die am 08.04.1938 geborene Klägerin ist die Witwe des am 06.01.1938 geborenen Herrn G. W., der an den Folgen eines durch den Beklagten zu 1. als Fahrer eines bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversicherten Pkws verursachten Verkehrsunfalls vom 29.11.2014 am Folgetag verstarb.

Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig.

Vorprozessual zahlte die Beklagte zu 2. an die Klägerin einen Vorschuss zur freien Verrechnung in Höhe von insgesamt 4.500,00 EUR.

Die Klägerin hält diese Zahlungen für nicht ausreichend und begehrt den Ersatz eines Unterhaltsschadens, Schmerzensgeld, Schadensersatz in bezifferter Höhe von 5.707,63 EUR, die Feststellung der gesamtschuldnerischen Ersatzpflicht für künftige Schäden und Zahlung von außergerichtlichen Kosten in Höhe von 1.474,89 EUR.

Die Beklagten haben eingewandt, alle etwaigen Ansprüche seien durch die vorprozessuale Zahlung ausreichend reguliert. Die von der Klägerin bezogene Witwenrente der D. R. R. gleiche den Unterhaltsschaden aus. Ein Feststellungsinteresse sei nicht gegeben.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Der Feststellungsantrag sei bereits mangels Feststellungsinteresses unzulässig, da aus verständiger Sicht des Geschädigten kein Grund gegeben sei, mit dem Eintritt weiterer als der hier geltend gemachten Schäden zu rechnen.

Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten monatlichen Rente zu. Es fehle insoweit an der erforderlichen Aktivlegitimation. Die von der Klägerin im Rahmen des § 46 SGB VI bezogenen Leistungen seien kongruent zu dem Barunterhaltsschaden nach § 844 Abs. 2 BGB. Diese führe zu einem gesetzlichen Forderungsübergang nach § 116 SGB X auf den leistenden Sozialversicherungsträger.

Entsprechendes gelte für einen etwaigen Haushaltsführungsschaden.

Die Klägerin könne kein Schmerzensgeld beanspruchen. Nach dem im Unfallzeitpunkt geltenden Recht, also vor Einführung des § 844 a (gemeint: 844 Abs. 3) BGB mit Wirkung zum 22.07.2017, sei ein Schmerzensgeldanspruch für einen nur "mittelbar" Geschädigten im Falle der Tötung oder schweren Verletzung eines Dritten nur bei einer pathologisch fassbaren Gesundheitsbeeinträchtigung zu begründen, nicht aber mit den bei Verlust eines nahen Angehörigen allenthalben entstehenden Gefühlen von Trauer, Schmerz und Niedergeschlagenheit. Beeinträchtigungen von Krankheitswert seien nicht vorgetragen. Allein die Einnahme von nicht näher bezeichneten Medikamenten im Wert von 20,00 EUR im Rahmen der Beerdigung könnten die Annahme einer gesundheitlichen Beeinträchtigung von Krankheitswert nicht rechtfertigen. Es sei nicht zu erkennen, dass in Zukunft ein solcher Gesundheitsschaden entstehe.

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