Rz. 6

Ist der Anwalt in einer Strafsache lediglich damit beauftragt, zu prüfen, ob ein Rechtsmittel, also eine Berufung, eine Revision oder gegebenenfalls eine Beschwerde Aussicht auf Erfolg hat, ohne dass dem Anwalt bereits die Verteidigung oder Vertretung im Rechtsmittelverfahren übertragen worden ist, so erhält er eine Gebühr nach den Nrn. 2100 ff. VV.

 

Rz. 7

Soweit sich die Gebühren im Rechtsmittelverfahren nach Betragsrahmen richten, erhält der Anwalt eine Gebühr nach Nr. 2102 VV in Höhe von 36,00 EUR bis 384,00 EUR; die Mittelgebühr beträgt 210,00 EUR. Diese Gebühr ist anzurechnen, wenn es anschließend zur Durchführung des Rechtsmittelverfahrens kommt (Anm. zu Nr. 2102 VV).

 

Rz. 8

Richten sich die Gebühren im Rechtsmittelverfahren nach dem Gegenstandswert (§ 2 Abs. 1 RVG), erhält der Anwalt die wertabhängige Prüfungsgebühr der Nr. 2100 VV (Vorbem. 2 Abs. 3 VV) mit einem Gebührenrahmen von 0,5 bis 1,0 (Mittelgebühr 0,75). Auch diese Gebühr ist anzurechnen, wenn es anschließend zur Durchführung des Rechtsmittelverfahrens kommt (Anm. zu Nr. 2100 VV).

 

Rz. 9

Möglich ist auch, dass beide Prüfungsgebühren (Nrn. 2100 und 2102 VV) anfallen, wenn die Gebühren sich sowohl nach Betragsrahmen als auch nach dem Wert richten.

 

Beispiel 1: Prüfung der Erfolgsaussicht einer Berufung, die Berufung wird nicht eingelegt

Der Mandant ist vom Amtsgericht verurteilt worden. Er hat selbst Berufung eingelegt und beauftragt anschließend den Anwalt, zu prüfen, ob eine Berufung Aussicht auf Erfolg habe. Der Anwalt rät hiervon ab. Zur Durchführung der Berufung kommt es nicht.

Der Anwalt kann lediglich eine Gebühr nach Nr. 2102 VV abrechnen.

 
1. Prüfungsgebühr, Nr. 2102 VV   220,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV[2]   20,00 EUR
  Zwischensumme 240,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   45,60 EUR
Gesamt   285,60 EUR
 

Rz. 10

 

Beispiel 2: Prüfung der Erfolgsaussicht einer Revision, die Revision wird durchgeführt

Der Mandant ist vom Landgericht verurteilt worden. Er beauftragt seinen Verteidiger, Revision einzulegen. Anschließend beauftragt er ihn, zunächst zu prüfen, ob die Durchführung der Revision Erfolg habe. Der Anwalt bejaht dies. Die Revision wird durchgeführt und ohne Hauptverhandlung verworfen.

Die Einlegung der Revision zählt noch zum erstinstanzlichen Verfahren (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 RVG). Für die Prüfung der Erfolgsaussicht des Rechtsmittels als neue Angelegenheit entsteht die Vergütung nach Nr. 2102 VV, die hier allerdings bei der Höchstgebühr liegen dürfte. Diese Prüfungsgebühr ist nach Anm. zu Nr. 2102 VV auf die Verfahrensgebühr des Revisionsverfahrens (Nr. 4130 VV) anzurechnen.

 
I. Prüfung der Erfolgsaussicht
1. Prüfungsgebühr, Nr. 2102 VV   384,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV[3]   20,00 EUR
  Zwischensumme 404,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   76,76 EUR
Gesamt   480,76 EUR
II. Revisionsverfahren
1. Verfahrensgebühr, Nr. 4130 VV   676,50 EUR
2. gem. Anm. zu Nr. 2102 VV anzurechnen   – 384,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 312,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   59,38 EUR
Gesamt   371,88 EUR
 

Rz. 11

Soweit im Rechtsmittelverfahren nach dem Gegenstandswert abgerechnet wird, gilt nicht Nr. 2102 VV, sondern Nr. 2100 VV.

 

Beispiel 3: Prüfung der Erfolgsaussicht im Adhäsionsverfahren

Der Anwalt ist beauftragt, zu prüfen, ob Aussicht besteht, gegen die Verurteilung im Adhäsionsverfahren (Wert: 2.000,00 EUR) Berufung einzulegen.

Die Gebühren im Verfahren über die Berufung gegen eine Entscheidung im Adhäsionsverfahren werden nach dem Wert abgerechnet (Nr. 4144 VV). Daher gilt nicht Nr. 2102 VV, sondern Nr. 2100 VV.

 
1. 0,75-Prüfungsgebühr, Nr. 2100 VV   124,50 EUR
  (Wert: 2.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 144,50 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   27,46 EUR
Gesamt   171,96 EUR
 

Rz. 12

 

Beispiel 4: Prüfung der Erfolgsaussicht im Adhäsionsverfahren mit nachfolgendem Berufungsverfahren

Der Anwalt ist beauftragt, zu prüfen, ob Aussicht besteht, gegen die Verurteilung im Adhäsionsverfahren (Wert: 2.000,00 EUR) Berufung einzulegen. Die Berufung wird anschließend durchgeführt.

Die Prüfungsgebühr ist nach Anm. zu Nr. 2100 VV auf die Verfahrensgebühr des Berufungsverfahrens anzurechnen.

 
I. Prüfung der Erfolgsaussicht
  Wie Beispiel 3.
II. Berufungsverfahren
1. 2,5-Verfahrensgebühr, Nr. 4144 VV   415,00 EUR
  (Wert: 2.000,00 EUR)    
2. gem. Anm. zu Nr. 2100 VV anzurechnen,   – 124,50 EUR
  0,75 aus 2.000,00 EUR    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 310,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   59,00 EUR
Gesamt   369,50 EUR
 

Rz. 13

Nicht ausdrücklich geregelt ist der Fall, dass der Anwalt sowohl hinsichtlich der strafrechtlichen Seite (Betragsrahmen) als auch hinsichtlich der Einziehungs- oder Adhäsionsentscheidung (Wertgebühr) prüfend tätig wird. Da es sich prozessual um ein einheitliches Verfahren handelt, muss man zwar einerseits nur eine Angelegenheit annehmen, andererseits aber...

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