Rz. 466

Eine Diskriminierung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer allein wegen ihrer Teilzeitbeschäftigung ist – unabhängig von einem Verstoß gegen sonstige Rechtsnormen – bereits nach § 4 Abs. 1 TzBfG unzulässig (zu § 2 Abs. 1 BeschFG vgl. BAG v. 29.8.1989 – 3 AZR 370/88, DB 1989, 2338; BAG v. 28.7.1992, NZA 1993, 215 = ZAP 1993, F. 17 R, S. 45 m. Anm. Langohr-Plato; Langohr-Plato, NZA 2016, 1051 ff.) und regelmäßig als mittelbare Diskriminierung zu werten, wenn diese Maßnahme einen wesentlich höheren Prozentsatz weiblicher als männlicher Arbeitnehmer trifft und nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist (EuGH v. 10.2.2000 – Rs. C-50/96, Rs. C-270/97 und Rs. C-271/97, BetrAV 2000, 385 ff.).

 

Rz. 467

Sachliche Gründe, die eine Differenzierung bei der Einbeziehung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer in ein betriebliches Versorgungswerk rechtfertigen könnten, müssen anderer Art sein, also z.B. auf Arbeitsleistung, Qualifikation, Berufserfahrung, unterschiedliche Anforderungen am Arbeitsplatz, hierarchische oder Gehaltsgruppen-Einstufung beruhen (BAG v. 28.7.1992 – 3 AZR 173/92, NZA 1993, 215; Langohr-Plato, NZA 2016, 1051 f.).

 

Rz. 468

Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer können allerdings nur eine ihrem zeitlichen Anteil der Arbeitsleistung an der Vollzeit entsprechende Teilversorgung verlangen (BAG v. 13.12.1994 – 3 AZR 367/94, DB 1995, 931). Eine am tatsächlichen Beschäftigungsgrad orientierte Versorgungsleistung ist daher nicht zu beanstanden (BAG v. 27.7.1988 – 5 AZR 244/87, DB 1988, 2519). Im Hinblick auf den administrativen Aufwand einer solchen, nach dem individuellen Beschäftigungsgrad berechneten Versorgungsleistung, wird auch eine Gruppenbildung gebilligt. Insoweit ist die Unterteilung in voll-, überhalb- und unterhalbzeitig Beschäftigte mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Lohngleichheitsgebot des Art. 141 EGV vereinbar (BAG v. 5.10.1993 – 3 AZR 695/92, NZA 1994, 315).

 

Rz. 469

Allerdings liegt ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nur dann vor, wenn die sich de facto ergebende Schlechterstellung eines Geschlechtes sich nicht durch objektive Gründe der Lohnpolitik rechtfertigen lässt (EuGH v. 13.5.1986 – Rs. 170/84 – Bilka, NJW 1986, 3020; BAG v. 14.3.1989 – 3 AZR 490/87, NZA 1990, 25). Zulässig wäre demnach ein Ausschluss von Teilzeitbeschäftigten, wenn hierdurch eine generelle und geschlechtsunabhängige Reduzierung der Teilzeitarbeit vor dem Hintergrund unverhältnismäßig hoher Personal- und Allgemeinkosten erreicht werden soll und der Ausschluss hierzu unter Berücksichtigung des Lohngleichheitsgrundsatzes als geeignet, verhältnismäßig und erforderlich anzusehen ist. Insoweit ist der Arbeitgeber verpflichtet, Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, die diese unterschiedliche Behandlung rechtfertigen (vgl. auch Langohr-Plato, NZA 2016, 1052).

 

Rz. 470

In praktischer Hinsicht bedeutet dies, dass der gänzliche Ausschluss von Teilzeitbeschäftigten aus einem betrieblichen Versorgungswerk kaum zu rechtfertigen ist. Halbzeitbeschäftigte (BAG v. 29.8.1989 – 3 AZR 370/88, NZA 1990, 37) und Teilzeitbeschäftigte mit einer 30-stündigen wöchentlichen Arbeitszeit (BAG v. 23.1.1990 – 3 AZR 58/88, NZA 1990, 778) sind jedenfalls in einem betrieblichen Versorgungswerk aufzunehmen. Dies folgt letztlich auch aus § 4 Abs. 1 TzBfG, wonach der Arbeitgeber einen Teilzeitbeschäftigten nicht wegen seiner Teilzeitarbeit ggü. vollzeitlich beschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandeln darf, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Dieses Verbot unterschiedlicher Behandlung gilt auch ggü. teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern, die in unterschiedlichem zeitlichen Umfang beschäftigt werden (etwa unter oder über 50 % der regelmäßigen Wochenarbeitszeit). Auch für eine unterschiedliche Behandlung dieser Arbeitnehmer bei der Gewährung betrieblicher Versorgungsleistungen sind daher sachliche Gründe erforderlich (BAG v. 29.8.1989 – 3 AZR 370/88, NZA 1990, 37).

 

Rz. 471

Verstößt eine betriebliche Versorgungsordnung gegen das Lohngleichheitsgebot, weil sie teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer von der Versorgung ausschließt, so sind nicht die gesamte Versorgungsordnung, sondern nur die ausschließenden, diskriminierenden Bestimmungen nichtig (BAG v. 14.3.1989 – 3 AZR 490/87, NZA 1990, 25; BAG v. 23.1.1990 – 3 AZR 58/88, NZA 1990, 778; BAG v. 20.11.1990 – 3 AZR 613/89, NZA 1991, 635).

 

Rz. 472

Diese Nichtigkeit gilt auch unbegrenzt rückwirkend, d.h. vom Inkrafttreten der Versorgungsordnung an. Die betroffenen Mitarbeiter brauchen den Verstoß gegen das Lohngleichheitsgebot auch nicht zeitweilig hinzunehmen. Für den Arbeitgeber besteht insoweit keine Anpassungsfrist zur Beseitigung der mittelbaren Diskriminierung. Weder das Recht der EG noch das aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Rechtsstaatsprinzip oder die Grundsätze zum Wegfall der Geschäftsgrundlage bzw. Vertrauensschutzaspekte können einen solchen Anspruch begründen. Mit der Erkenntnis, dass auch eine mittelbare Diskriminier...

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