Rz. 18

Gemäß §§ 24, 34 EStG unterliegen Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen geleistet werden, einem ermäßigten Steuersatz. Die Abfindung ist eine Entschädigung im Sinne des § 34 Abs. 1 EStG.[43] Die Lohnsteuer ist bei einem sonstigen Bezug i.S.d. § 34 Abs. 1 EStG in der Weise zu ermäßigen, dass der sonstige Bezug bei der Anwendung des § 39 Abs. 3 S. 5 EStG mit einem Fünftel anzusetzen und der Unterschiedsbetrag i.S.d. § 39b Abs. 3 S. 7 EStG zu verfünffachen ist (§ 39b Abs. 3 S. 9 EStG). § 39b Abs. 3 S. 10 EStG ist gestrichen. Unabhängig davon kann die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG bei einer Veranlagung zur Einkommensteuer berücksichtigt werden (vgl. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG).

 

Rz. 19

Bei der Fünftelregelung[44] rechnet der Arbeitgeber so, als würde der Arbeitnehmer über einen Zeitraum von fünf Jahren jeweils ein Fünftel der Abfindung erhalten. Dadurch bekommen die Arbeitnehmer einen steuerlichen Vorteil, die durch die Zahlung der Abfindung in eine hohe steuerliche Progression gelangen. Für Arbeitnehmer, die ohne die Abfindung nur ein niedriges Einkommen beziehen, kann die Abfindung zu überhöhten Steuerlasten führen. Dann wird die Fünftelregelung zum Steuervorteil. Für Arbeiter und Angestellte, die ohnehin ein hohes Gehalt bezogen haben, bringt die Fünftelregelung hingegen keinen Vorteil, wenn sie auch ohne die Abfindung dem sog. Spitzensteuersatz unterlagen. Die Regelung führt bei mittleren Einkommen zu einer merklichen Steuerbelastung. Im Einzelfall kann es sich anbieten, in die Aufhebungsvereinbarung eine Fälligkeitsklausel aufzunehmen, wonach die Abfindung erst Anfang Januar des Folgejahres zu zahlen ist. Dies ist dann empfehlenswert, wenn im Folgejahr mit wesentlich geringeren Einkünften zu rechnen ist, da die Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes auf der Grundlage des gesamten zu versteuernden Jahreseinkommens zu ermitteln ist.

Der Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG ist grundsätzlich neben der Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG anwendbar.[45] § 34 Abs. 1 S. 2 EStG verweist durch die Bezugnahme auf "die Einkommensteuer", die auf das verbleibende zu versteuernde Einkommen entfällt, auf die Tarifvorschriften des EStG, zu denen auch § 32b EStG gehört. § 34 Abs. 1 S. 2 EStG schreibt damit eine integrierte Steuerberechnung vor. Die sog. additive Methode findet im Gesetz keine Grundlage. Aus dem systematischen Zusammenhang des § 34 Abs. 1 S. 2 EStG zu § 32b EStG folgt – ebenso wie aus dem systematischen Zusammenhang von § 34 Abs. 1 S. 3 EStG zu § 32b EStG –, dass sich die im Rahmen der Steuerberechnung nach § 34 Abs. 1 S. 2 EStG durchzuführende Fünftelung nur auf die außerordentlichen Einkünfte (S. 2) bzw. das zu versteuernde Einkommen (S. 3) bezieht, nicht aber auf die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte nach § 32b EStG. Diese sind vielmehr erst bei der Ermittlung der nach § 34 Abs. 1 S. 2 EStG maßgebenden Einkommensteuerbeträge zu berücksichtigen. Die Auffassung, dass bei der Steuerberechnung nach § 34 Abs. 1 S. 2 EStG auch die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts nur zu 1/5 zu berücksichtigen seien, ist mit dem Gesetz nicht vereinbar.[46]

 

Rz. 20

Nach § 34 Abs. 1 EStG ist die auf außerordentliche Einkünfte entfallende Einkommensteuer wie folgt zu berechnen: Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrages zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (sog. verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zzgl. eines Fünftels dieser Einkünfte. Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf 1/5 des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer. Zur Abmilderung des Progressionsnachteiles erfolgt eine Verteilung der Einkünfte auf fünf Veranlagungszeiträume. Die Lohn- bzw. Einkommensteuer wird dabei in der Weise ermäßigt, dass die steuerpflichtige Entschädigung mit 1/5 des gezahlten Betrages angesetzt und die sich daraus ergebende Steuer mit dem Faktor 5 multipliziert wird. Diese Steuervergünstigung ist bei Arbeitnehmern vom Arbeitgeber bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren anzuwenden.

Die ermäßigte Besteuerung erfordert keinen Antrag des Steuerpflichtigen, sondern ist von Amts wegen zu beachten.[47]

 

Rz. 21

Eine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1 und 2 EStG verlangt, dass das zugrunde liegende Rechtsverhältnis beendet wird. Die Annahme einer Entschädigung bei bestehen bleibendem Arbeitsverhältnis ist regelmäßig abzulehnen.[48] Es darf sich also nicht um Zahlungen handeln, mit denen Ansprüche aus einem laufenden Arbeitsverhältnis erfüllt werden. Das gilt auch dann, wenn statt laufender Zahlungen eine einmalige Zahlung (Nachzahlung, Abfindung, Kapitalisierung) erfolgt.[49] Wird ein Steuerpflichti...

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