Rz. 99

Nach einer Entscheidung des LAG München v. 19.12.2007 – 11 Sa 294/07 (LAGE § 74 HGB, Nr. 22) findet der § 75 HGB auch bei einer anfechtungsbedingten Beendigung eines in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnisses analoge Anwendung.

 

Rz. 100

Umstritten ist die Wirksamkeit nachvertraglicher Wettbewerbsverbote und insb. die analoge Anwendung des § 75 HGB bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Auflösungsurteil nach § 9 KSchG. Die Varianten und Ansichten sind vielfältig. Der Streit beginnt schon mit der Frage, ob ein durch Auflösungsurteil beendetes Arbeitsverhältnis als "infolge der Kündigung" beendet angesehen werden kann mit der Folge, dass § 75 Abs. 2 HGB anzuwenden wäre (so Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 8. Aufl. 2019, Rn 691; a.A. Wertheimer, NZA 1997, 522, 523). Zu differenzieren ist i.Ü., wer den Auflösungsantrag gestellt hat und welche Auflösungsgründe in Rede stehen. Bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil gem. § 9 KSchG soll bei einseitigem Auflösungsantrag von Arbeitgeber und Arbeitnehmer § 75 HGB analog anzuwenden sein, während diese Wertung bei beiderseitigen Auflösungsanträgen nicht bejaht wird (ausführlich zu dieser Problematik Wertheimer, NZA 1997, 522 ff.).

 

Rz. 101

Nach Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses soll das nachvertragliche Wettbewerbsverbot ohne Weiteres die im Gesetz fixierten Wirkungen entfalten, unabhängig davon, weshalb der Arbeitsvertrag nicht verlängert wurde (so Wertheimer, NZA 1997, 522, 525; a.A. Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn 662, wonach § 75 Abs. 2 HGB ebenfalls anwendbar sei, wenn ein befristeter Arbeitsvertrag ausläuft und der Arbeitgeber ein Angebot des Arbeitnehmers auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ablehnt; zu den Problemen des auflösend bedingten Arbeitsverhältnisses vgl. Wertheimer, NZA 1997, 522, 525).

 

Rz. 102

Ein Arbeitnehmer kann auch in dem Fall eine Karenzentschädigung verlangen, in dem ein Arbeitsverhältnis innerhalb der vereinbarten Probezeit beendet wurde. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Parteien vereinbart haben, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot erst nach Ablauf der Probezeit Inkrafttreten soll (BAG v. 28.6.2006, NZA 2006, a.a.O.).

 

Hinweis

Im Arbeitsvertrag sollte vereinbart werden, dass das Wettbewerbsverbot erst nach Ablauf der Probezeit wirksam werden soll.

Enthält ein Arbeitsvertrag eine Klausel, nach der ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht gelten soll, wenn das Vertragsverhältnis während der ersten 12 Monate der Beschäftigung beendet wird, so findet dieses Verbot dann keine Anwendung, wenn der Arbeitnehmer in diesem Zeitraum ausscheidet (LAG Hamm v. 23.3.2010 – 14 SaGa 68/09, NZA-RR 2010, 515).

 

Rz. 103

Nach der neueren Rechtsprechung des BAG sind sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber außerdem berechtigt, über die Vorschriften der §§ 323 ff. BGB vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zurückzutreten (BAG v. 31.1.2018 – 10 AZR 392/17, NZA 2018, 578).

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