Rz. 25

Hilfebedürftigkeit i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 1 SGB II liegt schließlich auch bei mangelndem oder nicht ausreichendem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen nur vor, wenn die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen zu erhalten ist. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen haben in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten (§ 2 Abs. 2 S. 1 SGB II).

 

Rz. 26

Zur Nutzung aller Möglichkeiten zum Erhalt der erforderlichen Hilfe durch Dritte gehört etwa die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen, zivilrechtlichen Forderungen sowie von Ansprüchen auf vorrangige Sozialleistungen wie Kindergeld, Renten, Pflegegeld, Arbeitslosengeld. Infolge des in § 5 SGB II angeordneten Nachrangs der Leistungen des SGB II gegenüber den meisten anderen Sozialleistungen schließt § 9 Abs. 1 S. 1 SGB II die Hilfebedürftigkeit aus, wenn bzw. soweit die erforderliche Hilfe von Trägern anderer Sozialleistungen erbracht werden kann.[30]

 

Rz. 27

Eine gesetzliche Vermutung hinsichtlich einer vorhandenen Hilfe durch Dritte enthält § 9 Abs. 5 SGB II. Danach wird widerlegbar[31] vermutet, dass Leistungsberechtigte, die in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten leben, von diesen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Eine Haushaltsgemeinschaft liegt vor, wenn Personen in einem gemeinsamen Haushalt zusammen leben und gemeinsam, "aus einem Topf" wirtschaften.[32] Die Vermutung bezieht sich sowohl auf das Vorliegen als auch auf den Umfang der Leistungen. Der Umfang der vermuteten Leistung richtet sich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des oder der Verwandten oder Verschwägerten. Ab welcher Einkommenshöhe und in welchem Umfang Leistungen des Verwandten oder Verschwägerten erwartet werden können und inwieweit Vermögen zu berücksichtigen ist, regeln die §§ 1 Abs. 2, 4 Alg II-V.[33]

[30] Zum Vorstehenden siehe Knickrehm/Roßbach/Waltermann/Becker, § 9 Rn 5 ff. m.w.N.
[31] Siehe hierzu Knickrehm/Roßbach/Waltermann/Becker, § 9 Rn 29 f. m.w.N.
[32] BT-Drucks 15/1516, 53; Knickrehm/Roßbach/Waltermann/Becker, § 9 Rn 29.
[33] Vgl. im Einzelnen hierzu Knickrehm/Roßbach/Waltermann/Becker, § 9 Rn 29 ff.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge