Rz. 2

Der praktisch wichtigste Fall, in dem es zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld kommt, ist die Verhängung einer Sperrzeit (§ 159 SGB III). Eine Sperrzeit wird verhängt, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhält, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Für den Arbeitnehmer kann insbesondere die Mitwirkung an der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zur Folge haben, dass eine Sperrzeit eintritt. Diese hat neben dem Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs auch die Minderung der Anspruchsdauer (§ 148 Abs. 1 Nr. 3, 4 SGB III) zur Folge.

 

Rz. 3

Unabhängig von einer Sperrzeit und ohne Minderung der Anspruchsdauer kann ein Ruhen auch eintreten, wenn der Arbeitnehmer eine Entlassungsentschädigung erhalten hat, ohne dass die maßgebliche Kündigungsfrist eingehalten worden ist (§ 158 SGB III). Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht zudem, wenn der Arbeitnehmer trotz Arbeitslosigkeit noch Arbeitsentgelt erhält oder wenn er eine Urlaubsabgeltung erhalten hat (§ 157 SGB III).

 

Rz. 4

 

Praxishinweis

Die Kenntnis der vorgenannten Vorschriften ist bei der Beratung und Vertretung von Mandanten in Zusammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen bzw. im Rahmen von Kündigungs- und sonstigen Bestandsstreitigkeiten und insbesondere für den an der Verhandlung von Abwicklungs- und Aufhebungsverträgen (siehe § 19) beteiligten Rechtsanwalt unerlässlich. Hier drohen Haftungsrisiken.

 

Rz. 5

Weitere – hier nicht näher behandelte – Ruhenstatbestände sind in § 156 SGB III (Ruhen des Anspruchs bei anderen Sozialleistungen, z.B. Krankengeld, Mutterschaftsgeld) und in § 160 SGB III (Ruhen bei Arbeitskämpfen zur Vermeidung eines Eingriffs durch den Staat) geregelt.

I. Ruhen des Anspruchs bei Sperrzeit

 

Rz. 6

Hat der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit gemäß § 159 Abs. 1 S. 1 SGB III. Zweck der Sperrzeit ist es, die Versichertengemeinschaft typisierend gegen vom Versicherten selbst zu vertretende Risikofälle zu schützen.[2] Sie soll die Gemeinschaft der Beitragszahler davor schützen, dass das Risiko der Arbeitslosigkeit manipuliert wird, indem sie dem Versicherten einen Teil der Aufwendungen aufbürdet, die er der Versichertengemeinschaft durch sein Verhalten zugefügt hat.[3]

 

Rz. 7

Wann versicherungswidriges Verhalten vorliegt, ist in § 159 Abs. 1 S. 2 SGB III geregelt. Die schon bisher bestehenden Tatbestände der Arbeitsaufgabe, der Arbeitsablehnung, der Ablehnung und des Abbruches einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme werden seit dem 1.1.2005[4] durch die Sperrzeittatbestände der unzureichenden Eigenbemühungen und der Meldeversäumnis ergänzt. Seit dem 31.12.2005[5] ist der Sperrzeittatbestand der verspäteten Arbeitssuchendmeldung hinzugekommen.

[2] BSG v. 2.5.2012, NJOZ 2013, 756, 759; BSG v. 17.11.2005, AP Nr. 7 zu § 144 SGB III; ErfK/Rolfs, § 159 SGB III Rn 1.
[3] ErfK/Rolfs, § 159 SGB III Rn 1.
[4] Drittes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2003 (BGBl I, 2848 – Hartz III).
[5] Fünftes Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch v. 22.12.2005 (BGBl I, 3676).

1. Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe

 

Rz. 8

Eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe (§ 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III) erfolgt, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat.

 

Rz. 9

Die Vorschrift soll die Gemeinschaft der Beitragszahler vor willkürlich oder sogar schuldhaft herbeigeführter Arbeitslosigkeit schützen (vgl. auch Rdn 6).

a) Lösen des Beschäftigungsverhältnisses

 

Rz. 10

Lösen i.S.d. § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Alt. 1 SGB III bedeutet rechtlich Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, wobei hierfür grundsätzlich ein aktives Mitwirken des Arbeitnehmers erforderlich ist.[6] Neben der Eigenkündigung, der berechtigten verhaltensbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber und dem Aufhebungsvertrag kommt auch die Beteiligung des Arbeitnehmers durch vorausgegangene Absprachen (z.B. vom Arbeitnehmer erbetene Kündigung) oder nachträgliche Einigung (Abwicklungsvertrag) in Betracht.[7]

 

Rz. 11

Ein Lösen liegt bei einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers vor.[8] Ebenso ist ein sonstiges Verhalten des Arbeitnehmers zu bewerten, das zumindest schlüssig zu erkennen gibt, dass der Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis nicht fortsetzen will. Dies kann etwa der Fall sein, wenn er nach einer Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber nicht mehr am Arbeitsplatz erscheint. Die Nichteinhaltung der Form nach § 623 BGB ist für das Lösen ohne Bedeutung.[9]

 

Rz. 12

Ein Lösen liegt auch im Fall eines Aufhebungsvertrages vor, wobei unerheblich ist, auf wessen Initiative der Aufhebungsvertrag geschlossen worden ist.[10] Hat der Arbeitgeber die Beendigung vorgeschlagen oder gar darauf gedrängt, kann sich der Arbeitnehmer aber je nach den Umständen auf einen wichtigen Grund (vgl. Rdn 25 ff.) berufen. Unerheblich ist auch, ob das Arbeits-/Beschäftigungsverhältnis auch durch rech...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge