Rz. 10

Lösen i.S.d. § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Alt. 1 SGB III bedeutet rechtlich Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, wobei hierfür grundsätzlich ein aktives Mitwirken des Arbeitnehmers erforderlich ist.[6] Neben der Eigenkündigung, der berechtigten verhaltensbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber und dem Aufhebungsvertrag kommt auch die Beteiligung des Arbeitnehmers durch vorausgegangene Absprachen (z.B. vom Arbeitnehmer erbetene Kündigung) oder nachträgliche Einigung (Abwicklungsvertrag) in Betracht.[7]

 

Rz. 11

Ein Lösen liegt bei einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers vor.[8] Ebenso ist ein sonstiges Verhalten des Arbeitnehmers zu bewerten, das zumindest schlüssig zu erkennen gibt, dass der Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis nicht fortsetzen will. Dies kann etwa der Fall sein, wenn er nach einer Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber nicht mehr am Arbeitsplatz erscheint. Die Nichteinhaltung der Form nach § 623 BGB ist für das Lösen ohne Bedeutung.[9]

 

Rz. 12

Ein Lösen liegt auch im Fall eines Aufhebungsvertrages vor, wobei unerheblich ist, auf wessen Initiative der Aufhebungsvertrag geschlossen worden ist.[10] Hat der Arbeitgeber die Beendigung vorgeschlagen oder gar darauf gedrängt, kann sich der Arbeitnehmer aber je nach den Umständen auf einen wichtigen Grund (vgl. Rdn 25 ff.) berufen. Unerheblich ist auch, ob das Arbeits-/Beschäftigungsverhältnis auch durch rechtmäßige Kündigung hätte beendet werden können.[11]

 

Rz. 13

Die Hinnahme einer rechtswidrigen Kündigung stellt grundsätzlich keinen Lösenstatbestand dar, da die Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe stets aktives Verhalten, nicht bloße Hinnahme einer rechtswidrigen Kündigung voraussetzt.[12] Dieser Grundsatz galt schon bisher aber dann nicht, wenn der Arbeitnehmer wegen einer vom Arbeitgeber in Aussicht gestellten finanziellen Vergünstigung bereits vor Ausspruch der Kündigung in den später zu schließenden Abwicklungsvertrag einwilligt.[13] In diesem Fall stellt der Abschluss des Abwicklungsvertrages ein Lösen i.S.v. § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Alt. 1 SGB III dar, weil es sich in einem solchen Fall in Wirklichkeit um einen Aufhebungsvertrag handelt.[14]

 

Rz. 14

Der Abschluss eines Abwicklungsvertrages ist grundsätzlich nicht zur Vermeidung einer Sperrzeit geeignet.[15] Mit seiner Entscheidung vom 18.12.2003 hat das BSG[16] ausdrücklich klargestellt, dass der Arbeitnehmer auch im Falle eines Abwicklungsvertrages durch den Verzicht auf die Geltendmachung der Kündigungsschutzklage aktiv an der Herbeiführung seiner Beschäftigungslosigkeit mitwirkt, so dass ein Lösen des Beschäftigungsverhältnisses gegeben ist. Hierbei ist unerheblich, ob die Mitwirkung des Arbeitnehmers durch eine der Kündigung vorausgegangene Absprache oder erst nach Zugang der Kündigung innerhalb der Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG erfolgt.[17] Sofern innerhalb der Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage ein Abwicklungsvertrag geschlossen wird, liegt hierin zwar nach der Rechtsprechung und den Fachlichen Weisungen der BA ein Lösen des Beschäftigungsverhältnisses vor (Gleichbehandlung mit Aufhebungsvertrag). Für dieses kann jedoch ein wichtiger Grund (vgl. Rdn 25 ff.) bestehen.[18] Allerdings tritt eine Sperrzeit trotz der "Lösung" nicht ein, wenn die vereinbarte Abfindungshöhe 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr nicht überschreitet.[19] Absprachen, die nach dem Ablauf der für die Kündigungsschutzklage geltenden Frist getroffen werden, führen grundsätzlich nicht zu einer Sperrzeitverhängung.[20]

 

Rz. 15

 

Praxishinweis

Der früher als vermeintlicher Ausweg zur Vermeidung einer Sperrzeit angepriesene Abwicklungsvertrag[21] kann spätestens seit der Entscheidung des BSG vom 18.12.2003 nicht mehr ohne Risiko abgeschlossen werden, auch wenn es keine Absprache von Arbeitnehmer und Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung gegeben hat. Es muss stets geprüft werden, ob sich der Arbeitnehmer gemäß der Rechtsprechung und gerade auch nach den Inhalten der Fachlichen Weisung der BA auf einen wichtigen Grund zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses berufen kann.

 

Rz. 16

 

Praxishinweis

Soll aus irgendwelchen Gründen dennoch außergerichtlich ein Abwicklungsvertrag geschlossen werden, kann versucht werden, das Risiko für den Arbeitnehmer mit einer Zusatzvereinbarung auf den Arbeitgeber zu verlagern (sog. Sperrzeitvereinbarung; Muster unter Rdn 66). Darin kann etwa geregelt werden, dass, wenn aufgrund des Abwicklungsvertrags seitens der Agentur für Arbeit eine Sperrzeit nach § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Alt. 1 SGB III verhängt werden und der Zeitraum des Arbeitslosengeldbezuges nach § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III verkürzt werden sollte, der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer sämtliche dadurch entstehenden finanziellen Nachteile auszugleichen hat.

 

Rz. 17

Lässt der Arbeitnehmer die Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage lediglich untätig verstreichen, hat er grundsätzlich nicht mit einer Sperrzeit zu rechnen, da er nicht verpflichtet ist, sich gegen die Kündigung zur Wehr zu setzen.[22] Dies gilt nach der Fachliche...

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