Rz. 312

Der Zeugnisanspruch ist vom Arbeitnehmer einklagbar. Beklagter ist der zur Erteilung bzw. Berichtigung verpflichtete Arbeitgeber. Die Verpflichtung zur Zeugniserteilung bzw. -berichtigung erlischt nicht mit dem Tod des Arbeitgebers, sondern geht als Verbindlichkeit i.R.d. gesetzlichen Gesamtrechtsnachfolge auf dessen Erbe über. Der Erbe ist verpflichtet, sich anhand aller für ihn erreichbaren Erkenntnisquellen eigenes Wissen über das Arbeitsverhältnis und dessen Dauer sowie ggf. über die Leistungen des Arbeitnehmers und dessen Führung im Dienst zu verschaffen (ArbG Münster v. 10.4.1990 – 3 Ca 2109/89, BB 1990, 2266 = AuR 1991, 92; zust. Berscheid, WPrax Heft 18/1994, S. 6, 7).

 

Rz. 313

Bei Wechsel in der Arbeitgeberfunktion durch Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge fragt sich, wer zur Erteilung eines Zeugnisses verpflichtet ist. Den Arbeitnehmern kann bei bevorstehendem Betriebsübergang oder bei bevorstehender Betriebs- oder Unternehmensaufspaltung nur empfohlen werden, von dem bisherigen Arbeitgeber ein Zwischenzeugnis zu verlangen. Eine rechtliche Verpflichtung des Arbeitnehmers, in diesen Fällen ein Zwischenzeugnis zu verlangen, besteht allerdings nicht und wird leider allzu häufig vergessen. Wird ein Arbeitnehmer einige Zeit nach einem Betriebsinhaberwechsel von dem Betriebserwerber entlassen, kann er wegen des qualifizierten Zeugnisses für die Zeit vor dem Betriebsübergang nicht auf den Betriebsveräußerer, seinen bisherigen Arbeitgeber, verwiesen werden (LAG Hamm v. 1.12.1993 – 4 Sa 834/93, n.v.; LAG Hamm v. 1.12.1994, LAGE § 630 BGB Nr. 28. Der Arbeitnehmer hat vielmehr einen Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses für die Gesamtdauer seiner Beschäftigung gegen den Betriebserwerber. Auch ohne Betriebsübergang hat der Arbeitgeber, der den Arbeitnehmer nicht persönlich kennt, in größeren Betrieben Schwierigkeiten bei der Zeugnisformulierung und muss sich auf die Beurteilung durch dessen Vorgesetzte stützen (Berscheid, in: FS Hanau, S. 701, 712). Nicht anders verhält es sich beim Inhaberwechsel. Der neue Inhaber kann sich bei der übernommenen Führungsmannschaft sachkundig machen oder muss notfalls Erkundigungen über die Leistungen usw. bei dem Betriebsveräußerer einholen (Berscheid, WPrax Heft 18/1994, 6, 7). In größeren Unternehmen sind zumindest ab einer gewissen Hierarchieebene regelmäßige Personalbeurteilungen üblich. Dies hat für beide Teile erhebliche Vorteile, nicht nur für die Zeugniserteilung.

 

Rz. 314

 

Praxistipp:

Bei Unternehmensfusionen (Verschmelzungen) oder übertragenden Umwandlungen ist zu beachten, dass die bisherigen Arbeitgeber nicht mehr verklagt werden können, da sie rechtlich nicht mehr existent sind.

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