Rz. 732

Bei wirksamen betriebsbedingten Kündigungen im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang ergeben sich hinsichtlich der Sozialauswahl keine Besonderheiten. Es sind allerdings verschiedene Varianten voneinander zu unterscheiden:

 

Rz. 733

Spricht der Veräußerer vor dem Betriebsübergang betriebsbedingte Kündigungen aus, sind nur die Arbeitnehmer des zur Veräußerung stehenden Betriebes in die Sozialauswahl einzubeziehen (BAG v. 26.5.1983, AP Nr. 34 zu § 613a BGB m. Anm. Grunsky).

 

Rz. 734

Bei einem Teilbetriebsübergang hat die Sozialauswahl auf den gesamten Betrieb einschließlich des später übergehenden Betriebsteiles zu erfolgen, wenn der Veräußerer vor dem Betriebsübergang kündigt (BAG v. 14.3.2013 – 8 AZR 153/12, Rn 41; BAG v. 28.10.2004, AP Nr. 69 zu § 1 KSchG Soziale Auswahl).

 

Rz. 735

Ist der Betriebsübergang erfolgt und spricht der Erwerber betriebsbedingte Kündigungen aus, ist die Sozialauswahl ebenfalls (nur) unter den Arbeitnehmern des übernommenen Betriebs durchzuführen (v. Hoyningen-Huene/Linck, § 1 KSchG Rn 884; ErfK/Oetker, § 1 KSchG Rn 316).

 

Rz. 736

Gliedert der Erwerber den übernommenen Betrieb(steil) jedoch in einen bereits bestehenden Betrieb ein und spricht er dann betriebsbedingte Kündigungen aus, bezieht sich die Sozialauswahl auf den neu entstandenen Betrieb, d.h. sowohl die Arbeitnehmer des übernommenen (und eingegliederten) Betriebes als auch die Arbeitnehmer des aufnehmenden Betriebes werden in die Sozialauswahl einbezogen (v. Hoyningen-Huene/Linck, § 1 KSchG Rn 884; ErfK/Oetker, § 1 KSchG Rn 316).

 

Rz. 737

Wird nur ein Betriebsteil veräußert und widerspricht ein Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber, bleibt sein Arbeitsverhältnis zum Veräußerer bestehen. Spricht dieser nun eine betriebsbedingte Kündigung aus, kann sich der Arbeitnehmer grds. auch auf eine mangelhafte Sozialauswahl berufen (BAG v. 24.5.2005, AP Nr. 284 zu § 613a BGB; BAG v. 31.5.2007, AP Nr. 94 zu § 1 KSchG Soziale Auswahl). Nach früherer Rspr. waren allerdings die Gründe für den Widerspruch gegen den Betriebsübergang i.R.d. Sozialauswahl zu berücksichtigen (BAG v. 22.4.2004, AP Nr. 67 zu § 1 KSchG Soziale Auswahl). Diese Rspr. hat das BAG unter Hinweis auf die abschließende Aufzählung der Sozialdaten in § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG nunmehr aufgegeben (BAG v. 31.5.2007, AP Nr. 94 zu § 1 KSchG Soziale Auswahl; zur Kritik an der geänderten Rspr. des BAG vgl. ErfK/Oetker, § 1 KSchG Rn 317).

 

Rz. 738

Infolgedessen wird ein Arbeitnehmer, der dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber widersprochen hat, i.R.d. Sozialauswahl nicht anders behandelt als alle anderen Arbeitnehmer auch.

 

Rz. 739

Das BAG lehnt es i.Ü. auch grds. ab, den Widerspruch des Arbeitnehmers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses i.R.d. § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG (vgl. Lunk/Möller, NZA 2004, 9) zu berücksichtigen.

 

Rz. 740

Das BAG hat dazu ausgeführt, dass die nach § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG bestehende Möglichkeit, einzelne Arbeitnehmer in die Sozialauswahl nicht einzubeziehen, wenn ihre Weiterbeschäftigung, insb. wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt, regelmäßig keine Möglichkeit darstellt, alle Arbeitnehmer, die vom Betriebs(teil)übergang nicht betroffen waren, nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen und damit letztlich den Kreis der für eine Kündigung in Betracht zu ziehenden Arbeitnehmer auf die widersprechenden zu beschränken. Eine solche Nichtberücksichtigung dieser Arbeitnehmer könne auch schwerlich allein auf die Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur gestützt werden. Allerdings seien Fälle denkbar, in denen durch den Widerspruch, etwa einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern, gegen einen Betriebsteilübergang und der in ihrer Folge vom Arbeitgeber durchzuführenden Sozialauswahl tiefgreifende Umorganisationen notwendig würden, die zu schweren betrieblichen Ablaufstörungen führen könnten, sodass über § 1 Abs. 2 S. 2 KSchG Teile der vom Betriebsteilübergang nicht betroffenen Arbeitnehmer (ausnahmsweise) nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen wären (vgl. hierzu BAG v. 31.5.2007 – 2 AZR 276/06, NZA 2008, 33).

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