I. Zwei Wochen

 

Rz. 9

Der Einspruch muss binnen zwei Wochen bei der Verwaltungsbehörde eingehen. Die Frist wird nach den Vorgaben der §§ 42, 43 StPO berechnet.

II. Fristbeginn

 

Rz. 10

Nur die wirksame Zustellung des Bußgeldbescheides setzt die Frist in Gang (OLG Koblenz VRS 68, 216).

 

Rz. 11

 

Tipp

Zur Unwirksamkeit der Zustellung eines Bußgeldbescheides siehe die Ausführungen zur Verfolgungsverjährung (vgl. § 28 Rdn 66 ff.).

III. Fristende

 

Rz. 12

Die Frist kann bis zur Grenze ausgeschöpft werden (BVerfGE 69, 381), d.h., sie endet nicht mit der Dienstzeit der Behörde, sondern um 24.00 Uhr des letzten Tages der Frist. Der per Telefax nach Dienstschluss übermittelte Einspruch wahrt daher die Frist, sofern das Einspruchsschreiben vor 24.00 Uhr auf dem Empfangsgerät der Behörde aufgelaufen ist (KG NJW 1997, 1864).

 

Rz. 13

Ansonsten spielt es keine Rolle, ob eine Zugangskontrolle eingerichtet ist (BVerfG NJW 1991, 2076) oder ob mit einer Leerung des Briefkastens an demselben oder nächsten Tag nicht mehr gerechnet werden kann (BGH NJW 1984, 1237).

IV. Wiedereinsetzung wegen Fristversäumung

1. Unterbliebene Unterrichtung des Verteidigers

 

Rz. 14

Zwar wird die Wirksamkeit der Zustellung nicht davon berührt, dass die formelle Unterrichtung des Verteidigers unterblieben ist, nach h.M. besteht dann aber ein Wiedereinsetzungsgrund (BayObLG NZV 2000, 380; LG Zweibrücken NZV 2007, 430; LG Siegen zfs 2010, 289).

2. Zustellung durch Niederlegung

 

Rz. 15

Auch wenn der Bußgeldbescheid dem Betroffenen durch Niederlegung zugestellt worden war, ist ihm dann, wenn er unverschuldet nicht rechtzeitig Kenntnis von dem Bußgeldbescheid erlangt, im Grundsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Säumnis ist jedoch nicht unverschuldet, wenn der Betroffene noch während laufender Frist von der Niederlegung erfährt und nicht sofort geeignete Maßnahmen ergreift. Dies gilt selbst dann, wenn er erst am letzten Tag der Frist Kenntnis erhält (BVerfGE 31, 338).

 

Rz. 16

 

Tipp

Zur Wiedereinsetzung bei unterbliebener oder verspäteter Benachrichtigung des Verteidigers siehe Kapitel 4 – Zustellungen (vgl. § 4 Rdn 7 ff.).

3. Postverzögerung

 

Rz. 17

Der Betroffene kann auf den normalen Postbeförderungsweg vertrauen. Im Falle erheblicher Verzögerungen ist Wiedereinsetzung zu gewähren (BVerfG NJW 1975, 1405). Selbst vor Feiertagen darf der Betroffene auf die normalen (und von der Post neuerdings garantierten) Laufzeiten vertrauen (BVerfG, Beschl. v. 11.11.1999 – 1 BvR 762/99).

4. Ausländer

 

Rz. 18

Aus § 184 GVG, der vorschreibt, dass Straf- oder Bußgeldverfahren in deutscher Sprache zu führen sind, hat die Rechtsprechung früher (BVerfGE 64, 135) geschlossen, dass Ausländer keinen Anspruch darauf haben, dass für sie bestimmte Schreiben in ihrer Muttersprache abgefasst sind. Dass dies zumindest für die wesentlichen Schreiben, insbesondere die, die Rechtsmittel in Gang setzen oder Rechtsbelehrung enthalten, nicht mehr gilt, ergibt sich mittelbar aus der Entscheidung des EuGH zur Zustellung von Strafbefehlen (EuGH NZV 2017, 530), nach der einem Ausländer auch der Strafbefehl in dessen Muttersprache zugestellt werden muss. Nicht höchstrichterlich entschieden ist bisher, ob dies auch für Bußgeldbescheide gilt. Dafür spricht allerdings die Entscheidung des EuGH zu Dolmetscherkosten (EGMR zfs 1986, 255), indem der EuGH das deutsche Bußgeldverfahren einem Strafverfahren gleichstellt und auch hier den Art. 6 EMRK für anwendbar erklärt.

Noch nicht entschieden ist, ob sprachunkundige Ausländer auch im Bußgeldvorverfahren bereits Anspruch auf Beiordnung eines Dolmetschers haben, zumindest müsste ihnen, wenn sie infolge Sprachunkundigkeit Fristen versäumen, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gewährt werden (BGHSt 30, 182; BVerfG NJW 1991, 2208).

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